VERBANDSTAG |

„Ein lebendiges Biotop“

29. Dezember 2023, Corinna Blümel
Zwei Männer stehen sich bei einer Abendveranstaltung gegenüber. Der eine spricht in ein Mikro, der andere hält lachend ein kleines Plüschtier an seine Schulter.
Bei der Abendveranstaltung überreichte Volkmar Kah (l.) einen Plüschhamster in Erinnerung an eine gemeinsame Aktion als Teil des Geschenks vom DJV-NRW. | Foto: Frank Sonnenberg

Frank Überall hatte stets angekündigt, dass er nur für einen gewissen Zeitraum für das Amt zur Verfügung steht. Nach seinem Abschied in Magdeburg blickt er zurück.

JOURNAL: Was war Dein Anliegen, als Du vor acht Jahren für den Vorsitz kandidiert hast? Und konntest Du das umsetzen?

Frank Überall: Ich bin angetreten, weil ich das Gefühl hatte, der DJV könnte in der Öffentlichkeit präsenter sein, und ich habe die Rückmeldung erhalten, dass das gelungen ist. Der Zugang zu Öffentlichkeit erleichtert den Zugang zu Entscheidungsträgerinnen und -trägern und hilft, Themen zu platzieren. Wenn der persönliche Kontakt besteht, braucht es keine offiziellen Briefe, sondern wir können die DJV-Position im Gespräch darlegen: Unabhängig von Parteizugehörigkeit holen Politikerinnen und Politiker sich auch außerhalb des offiziellen Stellungnahmeverfahrens bei Gesetzesvorhaben Rat aus der Praxis, bei Arbeitgeberverbänden genauso wie bei Gewerkschaften. Diese Art von Lobbyarbeit, die natürlich von unseren Hauptamtlichen flankiert wird, wollte ich stärken.

 

JOURNAL: Hast Du ein konkretes Beispiel?

Überall: Als es um Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten ging, habe ich alle Veranstaltungen, Panels und Ähnliches genutzt, um darauf aufmerksam zu machen. Es stimmt mich wirklich zufrieden, dass das Thema jetzt bundesweit auf der Agenda ist. Das erforderte die öffentliche Aufmerksamkeit und ein Netzwerken des DJV und seiner Landesverbände mit Innenpolitik, Polizei und Polizeiausbildung. Hier in NRW gab es ja auch erfolgreiche Kooperationen des Landesverbands mit dem Innenministerium.

 

JOURNAL: Was hat nicht geklappt?

Überall: Wenn das Bundespresseauskunftsrecht wieder und wieder versprochen wird und trotzdem nicht kommt, dann ist das schon frustrierend.

Abschied aus dem Vorstand
Nach zwölf Jahren im Bundesvorstand, davon vier als Schatzmeister und acht Jahre Vorsitzender, hat sich Frank Überall – wie lange geplant – verabschiedet. Für seine engagierte Arbeit für den Verband und die Pressefreiheit dankten die NRW-Delegierten herzlich. In der Abendveranstaltung würdigten der ehemalige NRW-Vorsitzende Frank Stach und NRW-Geschäftsführer Volkmar Kah Überalls Erfolge und erinnerten an die Herausforderungen, denen er sich im rasanten Wandel der Medienbranche stellen musste. Zusammen mit dem Geschenk des Landesverbands überreichten sie ihm einen kleinen Plüschhamster: In Erinnerung an eine Aktion beim WDR (als beide Franks in Hamsterkostümen auftraten, um das Motto „Im Hamsterrad“ zu veranschaulichen). „Wir freuen uns, dass wir Frank auch weiterhin in unseren Reihen behalten und auf seine Unterstützung zählen können“, sagte Volkmar Kah./

JOURNAL: Wie hat der DJV selbst sich in den vergangenen Jahren verändert?

Überall: Wir haben uns zum Beispiel für neue Berufsfelder geöffnet, weil die Tätigkeiten längst nicht mehr so klar getrennt sind wie früher. Wir stemmen uns zusammen mit den Landesverbänden gegen den Mitgliederschwund, mit dem wir – wie viele andere Organisationen und Institutionen auch – zu kämpfen haben. Mit der geplanten Mitgliederkampagne und dem Relaunch der Webseite haben wir wichtige Schritte gemacht, deren Früchte
der DJV in Zukunft ernten wird.

 

JOURNAL: Es hat auch immer mal zwischen Bundesverband und Landesverbänden gehakt.

Überall: Wir haben im DJV ja ein lebendiges Biotop. Da gibt es natürlich – wie in jedem Verband oder Verein egal, welcher Art – Menschen, die unterschiedlicher Auffassung sind und auch verschiedene Strategien haben, mit Meinungsunterschieden umzugehen. Der Bundesverband kann viel in Sachen Öffentlichkeit und Repräsentanz leisten. Aber die eigentliche Arbeit mit den Mitgliedern findet in den Landesverbänden statt, bis runter vor Ort und in den Betrieben. Auch da müssen wir mit der Zeit gehen. In diesem Transformationsprozess ist Nordrhein-Westfalen weit vorne, aber viele Landesverbände sind noch nicht so weit.

 

JOURNAL: Nach dem zeitaufwendigen Ehrenamt, in dem Du zugleich als freier Reporter, als Hochschulprofessor und als Buchautor gearbeitet hast: Wie geht es für Dich weiter?

Überall: Ich möchte mich in Zukunft mehr fokussieren. An der Hochschule werde ich freiberuflich weiter lehren und zum Beispiel gerne auch weiter für den WDR aus dem Kölner Stadtrat berichten. Aber mein Schwerpunkt wird bei der journalistischen Plattform Kivvon liegen. Dort werde ich als Chefreporter Exklusivgeschichten und Interviews machen, aber ich möchte zum Beispiel auch einen Kanal für Köln starten – als Leuchtturmprojekt für andere Städte. Ich freue mich darauf, diese Aufbauarbeit im Digitalen journalistisch zu begleiten.

 

JOURNAL: Und wie geht es für den DJV weiter?

Überall: Ich bin überzeugt, mit dem neu gewählten Vorstand – vor allem mit den Schlüsselpositionen des Vorsitzenden Mika Beuster und der Schatzmeisterin Katrin Kroemer – und mit der teils neu besetzten Geschäftsstelle, in der wir Urgesteine wie Benno Pöppelmann und Kajo Döhring ersetzen mussten, liegt der DJV in guten Händen.||

 

Ein Beitrag aus JOURNAL 4/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2023.