Stillstand herrscht bei den Tarifverhandlungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Auch in der fünften Verhandlungsrunde am 26. September legte der WDR kein verbessertes Angebot vor. So verweigert die Arbeitgeberseite weiterhin die Zahlung eines Sockelbetrags und beharrt auf Einschnitten bei den Steigerungsstufen. Vor allem letzteres würde künftige Journalistengenerationen beim WDR finanziell deutlich schlechter stellen. Und das zu einer Zeit, wo auch ein WDR merkt, dass die jungen Kolleginnen und Kollegen nicht mehr so in den Beruf drängen wie früher.
Hartleibig zeigt sich der Sender auch bezüglich der Freien. Eine Erhöhung der Effektivhonorare lehnt er für sie genauso ab wie Krankengeld ab dem ersten Tag. Bewegung zeigte der Arbeitgeber bisher nur beim Härtefallfonds. Dieser soll verlängert und aufgestockt werden. Bei der Forderung der Gewerkschaften nach Schulungshonoraren für Freie liegen beide Seiten noch weit auseinander.
Bei anderen ARD-Anstalten sieht die Verhandlungssituation ähnlich aus. Dabei hatten mehr als 3 000 Beschäftigte in ganz Deutschland bei einem gewerkschaftlichen Aktionstag Mitte September die Arbeit niedergelegt. 530 WDR-Kolleginnen und -Kollegen beteiligten sich an dem Warnstreik. Die hohe Beteiligung in Köln und in den Außenstudios führte beim WDR zu Programmausfällen und -verschiebungen. So konnte am 18. September das ARD-Morgenmagazin nicht live gesendet werden, sondern musste bereits in den frühen Morgenstunden vorproduziert werden. Auch Live nach neun wurde aus der Konserve gesendet. Schon im August hatte es zwei Warnstreiktage gegeben, an denen sich ebenfalls Hunderte Kolleginnen und Kollegen beteiligt hatten.
Der DJV-NRW fordert den WDR auf, spätestens zur nächsten Verhandlungsrunde (geplant am 15. Oktober) ein konstruktives Angebot auf den Tisch zu legen. Orientierungsmarke bleibt der aktuelle Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). „Die festen und freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des WDR verdienen eine Anerkennung ihrer Leistungen gerade in Zeiten des Senderumbaus. Sie dürfen von der allgemeinen Entwicklung nicht abgekoppelt werden“, erkärte DJV-Verhandlungsführer Volkmar Kah. Vor allem aber machte er deutlich, dass sich der DJV-NRW energisch gegen Verschlechterungen bei Tarifverträgen wehrt./
Nachdenkliche Streiknachlese
Wofür lohnt es sich, auf die Straße zu gehen? Tom Becker, der als freier Journalist für das WDR-Studio Essen arbeitet, hat nach seiner ersten Teilnahme an einem Warnstreik im August eine persönliche und nachdenkliche Nachlese geschrieben und ein paar Stimmen von Kolleginnen und Kollegen eingeholt.
Er macht deutlich: Die meisten gehen in erster Linie nicht für die Tarifforderungen auf die Straße. Was sie umtreibt, ist die Entwertung der journalistischen Arbeit: „Wir haben uns am Warnstreik beteiligt, weil wir auch in Zukunft seriös und kompetent als Journalisten arbeiten wollen – mit einer klaren Verankerung in der Region. Wir machen gute Arbeit, aber die Sorge wächst, dass der WDR uns schleichend die Grundlagen dafür entzieht.“
Da fallen Stichworte wie Crossmedialität und Zentralisierung, Entwertung der regionalen Verankerung und Kompetenz, der Umbau der Studios, neu zugeschnittene Arbeitsbereiche für Redakteure und Freie, die zusätzliche Aufgaben im Social-Media-Bereich, die Arbeitsverdichtung auch bei Freien bei gleichzeitiger Schlechterstellung durch die Einführung von Tischreportern und Pauschalhonoraren. Zu finden ist der ganze lesenswerte Text unter: djv-im-wdr.de
Ein Beitrag aus JOURNAL 5/19, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Oktober 2019.