Zwanzig Jahre hat sich der DJV-Kollege Ulf Froitzheim (hier bei einem Verbandstag des Bayerischen Journalisten-Verbands) bei der VG Wort engagiert. Jetzt sieht er Jüngere an der Reihe. | Foto: Stefan Gregor
Zwanzig Jahre hat sich der DJV-Kollege Ulf Froitzheim (hier bei einem Verbandstag des Bayerischen Journalisten-Verbands) bei der VG Wort engagiert. Jetzt sieht er Jüngere an der Reihe. | Foto: Stefan Gregor
 
Soziale Absicherung

Im Namen der Urheber

Die Verwertungsgesellschaften brauchen engagierte Mitglieder und Ehrenamtler
19. Oktober 2018, Pascal Hesse

Die Verwertungsgesellschaften (VG) Wort und Bild-Kunst sorgen dafür, dass Kreative zu ihrem Recht kommen. Sie schütten Tantiemen an die Urheberinnen und Urheber aus, die den entsprechenden Anspruch anmelden. Dafür muss in den meisten, aber nicht in allen Fällen ein sogenannter Wahrnehmungsvertrag geschlossen werden (siehe Kasten „Fragen und Antworten“). Möglich ist das unter anderem für Wort- und Bild-Journalistinnen und -Journalisten aus allen Bereichen, etwa Print- und Onlinemedien, Hörfunk und Fernsehen. Die VGen setzen sich darüber hinaus aber auch in Brüssel und Berlin für Urheberrechte ein. Im kommenden Jahr wählen die Mitglieder der VG Wort einen neuen Verwaltungsrat, im Jahr darauf die der VG Bild-Kunst. In beiden Fällen werden engagierte Mitstreiter gesucht.

Die Verwertungsgesellschaften Wort und Bild-Kunst

Die VG Wort wurde 1958 gegründet, die VG Bild-Kunst zehn Jahre später. Sie sind rechtsfähige Vereine kraft Verleihung und obliegen der Staatsaufsicht des Deutschen Patent- und Markenamts. In beiden VGen haben sich Urheber und Verlage zur gemeinsamen Verwertung von Urheberrechten zusammengeschlossen. Zweck der nicht gewinnorientierten Vereine ist es, die ihnen vertraglich anvertrauten Nutzungsrechte und Vergütungsansprüche ihrer Mitglieder und Wahrnehmungsberechtigten treuhänderisch wahrzunehmen.

Das Geld für die Tantiemen kommt von denen, die das geistige Eigentum anderer nutzen. Abgaben an die VGen werden zum Beispiel bei Kopien, in Bibliotheken, bei Lesezirkeln, Pressespiegeln und Nachdrucken in Schulbüchern fällig. Auch die Geräteabgabe sorgt für Einnahmen. Ein Teil des eingesammelten Gelds wird nach festgelegten Verteilungsplänen ausgeschüttet. Um die Verteilungspläne war in den vergangenen Jahren ein Streit entbrannt (siehe JOURNAL 5/16). Ein anderer Teil der Einnahmen fließt unter anderem an die Künstler-sozialkasse und an die VG-eigenen Sozialwerke./PH

Informationen zu den Verwertungsgesellschaften unter:
www.vgwort.de und www.bildkunst.de

Viele verzichten auf das Geld

Früher trafen die Schecks der Verwertungsgesellschaften noch per Post ein, meist wie aus heiterem Himmel. Heute kommt der erfreuliche Geldsegen per Überweisung. Allerdings verzichten viele, die als Urheber Anspruch auf eine Beteiligung hätten, aus Unwissenheit oder Nachlässigkeit auf die Anmeldung ihrer Ansprüche. „Sie lassen sich jedes Jahr bares Geld entgehen – die einen ein paar hundert, die anderen mehrere tausend Euro“, erklärt Ulf Froitzheim. Seit 1999 ist der freie Journalist aus dem bayerischen Kaufering bei der VG Wort aktiv. Zunächst hat er sich als Delegierter der Wahrnehmungsberechtigten engagiert, seit 2003 ist er Mitglied im Verwaltungsrat. Dieser wählt und kontrolliert den Vorstand und legt grundsätzliche Strategien fest, etwa den Aufbau eines neuen Geschäftsfelds oder eine politische Kampagne.

Wenn die VG-Wort-Mitglieder am 25. Mai 2019 in München einen neuen Verwaltungsrat für die kommenden vier Jahren wählen, ist Froitzheim allerdings 60 Jahre alt und möchte nicht mehr antreten: „Nach 20 Jahren wird es Zeit, Platz für neue, junge Leute zu machen“. Die Urheber brauchen also einen neuen engagierten Vertreter im Verwaltungsrat.

Nicht jeder ist Mitglied

Den Vertrag als Wahrnehmungsberechtigte mit der VG Wort haben zahlreiche Journalistinnen und Journalisten unterschrieben. Damit sind sie aber nicht automatisch Mitglied. Im DJV-NRW gibt es zum Beispiel nur rund 30 VG-Wort-Mitglieder. Sie können bei Mitgliederversammlungen an den Entscheidungen mitwirken und sich stark machen für ihre Zunft, die Urheber. „Mitglied werden kann, wer in den vergangenen drei Jahren insgesamt mindestens 1 200 Euro an Tantiemen erhalten hat“, erklärt Froitzheim. Die Mitgliedschaft kostet 10 Euro im Jahr. Bei der VG Bild-Kunst ist das Verfahren anders geregelt: Hier gibt es keine Trennung zwischen Mitgliedern und Wahrnehmungsberechtigten.

„Sich zu beteiligen ist wichtig, etwa wenn es um die Urheberrechtsreform geht. Viele Kollegen missverstehen die kommende EU-Richtlinie als potenzielle Zensur-Maschine für das Internet. Sie befürchten, dadurch könnte es zur Einführung von Upload-Filtern kommen. Doch das Ziel ist etwas ganz anderes“, erläutert Froitzheim. Gehe die vom EU-Parlament beschlossene Regelung durch, müssten YouTube und Co. künftig ein Stück vom Werbekuchen an die Urheber abgeben. Froitzheim: „Ähnliche Abgaben zahlen auch Gerätehersteller. Wir teilen sie mit anderen Verwertungsgesellschaften wie der GEMA.“ Im Fall von Youtube würden davon zum Beispiel Dokumentarfilmer und Fernsehreporter profitieren.

In Froitzheims Anfangszeit fielen die Debatten um eine große, auf zwei „Körbe“ verteilte Reform des deutschen Urheberrechts. Damals wehrten sich die Presseverlage gegen ein verbessertes Urhebervertragsrecht. Am Ende sei den Autoren eine angemessene Vergütung zugestanden worden, die sich letztlich als „große Luftnummer“ erwiesen habe.

Prozess durch alle Instanzen

Die IT-Industrie wiederum wollte keine Abgaben für PCs, Drucker und Speichermedien wie USB-Sticks zahlen. „Wir mussten durch alle Instanzen prozessieren, gemeinsam mit den anderen Verwertungsgesellschaften. Wenn heute jemand ein Speichermedium kauft, einen Multifunktionsdrucker oder ein iPhone, dann verdienen die Urheber mit. Denn unsere Werke werden mithilfe dieser Produkte gespeichert, kopiert oder verbreitet. Dass wir daran teilhaben, ist doch nur fair“, betont Froitzheim, selbst DJV-Mitglied.

Er sieht sich als Öffentlichkeitsarbeiter für das Urheberrecht und die Urheber. „Denn uns ist am Ende nicht damit gedient, wenn es vielleicht etwas wie ein bedingungsloses Grundeinkommen gibt, wir aber von unserer Arbeit nicht leben können. Unser Werk verschenken, das geht nicht. Das ist nicht fair“, meint Froitzheim, der sich an hitzige Diskussionen, gerade mit Vertretern der Piratenpartei, erinnert.

Die Arbeit in den Gremien der VG Wort ist ein Ehrenamt. Dafür gibt es ein Tagegeld von 200 Euro je Sitzungstag, auch die Reisekosten trägt die VG Wort. „Der Zeitaufwand ist nicht ohne“, räumt Froitzheim ein. „Sechs, sieben Tage im Jahr gehen für Sitzungen drauf. Hinzu kommen die Vorbereitung, ab und zu ein Informationsabend bei einem DJV-Landesverband und der informelle Austausch mit Urhebern anderer Disziplinen, mit denen der DJV auch in der Initiative Urheberrecht zusammenarbeitet.“

Unterstützt werden Froitzheim, der als einziges DJV-Mitglied im Verwaltungsrat sitzt, und seine Kolleginnen und Kollegen aus der Berufsgruppe der Journalisten in der VG Wort bei ihrer Arbeit von Benno Pöppelmann, dem Justiziar des DJV-Bundesverbands.

Ideal: Rundfunk- oder Onlineerfahrung

Dass es für audiovisuelle Onlineangebote wie Podcasts noch kein Abrechnungssystem gibt, wie es mit METIS für Texte im Internet existiert, bedauert Froitzheim. Deshalb hofft er, dass DJV-Mitglieder ihren Sachverstand auf diesem Gebiet in den neuen Verwaltungsrat einbringen: „Ideal wäre, wenn nächstes Jahr jemand mit Rundfunk- oder Onlineerfahrung kandidiert.“

Fragen und Antworten

• Welchen Nutzen haben die VGen für Urheberinnen und Urheber?
Der Abschluss eines Wahrnehmungsvertrags bei der VG Wort und/oder der VG Bild-Kunst ist für Journalistinnen und Journalisten aus allen Medienbereichen sinnvoll – für Freie genauso wie für Festangestellte. Denn wer seine Veröffentlichungen regelmäßig anmeldet, profitiert von den jährlichen Ausschüttungen.

• Wer kann Ansprüche geltend machen?
Journalistinnen und Journalisten (Wort und Bild) können – ebenso wie andere Urhebergruppen – einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort und/oder der VG Bild-Kunst abschließen. Bei der VG Wort können Urheber ihre Rechte in bestimmten Fällen (wissenschaftliche Werke, Texte im Internet) auch ohne Wahrnehmungsvertrag geltend machen.

• Wie wird man Wahrnehmungsberechtigter?
Um Wahrnehmungsberechtigter zu werden, muss man einen entsprechenden Vertrag mit der VG Wort bzw. der VG Bild-Kunst abschließen (Stichtag jeweils 31.12.). Die Registrierung und die jährliche Anmeldung von Ansprüchen sind kostenlos.

• Wie meldet man Ansprüche an?
So viel Arbeitsaufwand muss sein: Urheberinnen und Urheber müssen ihre veröffentlichten Werke jährlich zu bestimmten Stichtagen im Onlineverfahren oder per Meldekarte anmelden, um bei der Ausschüttung berücksichtigt zu werden. /txt

 

Ein Beitrag aus JOURNAL 5/18 – dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Oktober 2018.