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Ist der Medienstandort Düsseldorf noch zu retten?

VDJ lud zur Diskussion über die Situation der Verlage und Sender vor Ort
12. Juni 2018, Stanley Vitte

Mit einem hochkarätig besetzten Panel lockte der Verein Düsseldorfer Journalisten (VDJ) am Abend des 24. Mai in den Sitzungssaal 1 der Landesanstalt für Medien (LfM) Nordrhein-Westfalen im Düsseldorfer Medienhafen: Auf dem Podium saßen Thomas Geisel (Oberbürgermeister der Stadt), Michael Bröcker (Chefredakteur Rheinische Post), Gabi Ludwig (Chefredakteurin der NRW-Landesprogramme im WDR-Fernsehen) und Thomas Tuma (stellvertretender Chefredakteur Handelsblatt).

Für eine spannende Diskussion sorgten Thomas Tuma, Michael Bröcker, Andreas Vollmert, Gabi Ludwig und Thomas Geisel. | Foto: Christian Kiel
Für eine spannende Diskussion sorgten Thomas Tuma, Michael Bröcker, Andreas Vollmert, Gabi Ludwig und Thomas Geisel. | Foto: Christian Kiel

Begrüßt wurden die Gäste von Doris Brocker, der stellvertretenden Direktorin der LfM, deren Stiftung sich gezielt für die Vielfalt des Lokaljournalismus in NRW einsetzt, sowie von Julie Edelmann-Veith, der stellvertretenden Vorsitzenden des VDJ, dem mit über 800 Mitgliedern zweitgrößten Ortsverein im DJV-NRW. VDJ-Vorstand Andreas Vollmert moderierte den Abend mit Charme und Geschick. Rund 30 Vertreter der Düsseldorfer Medienszene saßen im Publikum.

Bürgermeister Geisel bedauerte zunächst, dass sich die Entwicklungen um den Medienhafen bisher „nicht in vollem Umfang erfüllt“ hätten, kritisierte aber auch, dass die Überkreuzbeteiligungen einiger ortsansässiger Medienunternehmen die Medienvielfalt mindern würden. Damit lag er nicht ganz falsch: Düsseldorf verfügt zwar im Vergleich zu vielen anderen Städten Nordrhein-Westfalens über eine relativ reichhaltige Medienlandschaft: allein für die Lokalberichterstattung hat das Dorf an der Düssel mehrere Tageszeitungen, Wochenblätter und Rundfunksender.

Düsseldorfer Medien im Wandel

Doch der Medienstandort hat sich gewandelt: Rheinische Post und NRZ*, eigentlich Konkurrenten im Lokalen, betreiben heute „Content-Kooperationen“. NRW.TV und Center TV, einst gepriesen als heimische Innovationen des Regional- und Lokalfernsehens, haben ihren Betrieb komplett eingestellt. Die Deutsche Fernsehnachrich-tenagentur (DFA), einst prominentes Aushängeschild des Düsseldorfer Medienhafens, hat ihren Standort in der Landeshauptstadt aufgegeben.

Und ab 2019 will nun auch der WDR einen Großteil seiner Fernseh- und Online-Mitarbeiter von Düsseldorf nach Köln verlagern. Sendungen wie die Aktuelle Stunde und WDR aktuell werden künftig nicht mehr aus Düsseldorf gesendet. Gabi Ludwig, die die Regionalisierung von Hörfunk und TV beim WDR einst mitprägte, begründete die Verlagerung mit größeren Umstrukturierungen im WDR-Sendebetrieb insgesamt und verwies optimistisch auf alles, was noch in Düsseldorf verbleibe, etwa das Landesstudio mit der Lokalzeit, die Westpol-Redaktion oder die Bereiche Hörfunk und Social Media.

Bürgermeister Geisel zeigte sich von den Argumentationslinien des WDR wenig begeistert und begrüßte umso mehr, dass das Handelsblatt sich nach langen Verhandlungen gegen einen Wegzug entschieden und stattdessen einen großen Neubau in Düsseldorf bezogen hat. Ins gleiche Gebäude sollen nun auch die rund 100 Mitarbeiter des Konferenzveranstalters Euroforum einziehen, den die Handelsblatt Media Group zugekauft hat. Das Konferenzgeschäft sei nicht nur anständig und lukrativ, berichtete Thomas Tuma, sondern auch journalistisch spannend. Ähnliches gelte für die Versuche, Online-Nutzer zu zahlenden Lesern zu machen, was wiederum auch Michael Bröcker aus RP-Sicht bestätigte.

Medienbegriff weiter fassen

Weitgehend Einigkeit herrschte unter den Diskutanten, dass man in der Standortfrage den Medienbegriff weiter fassen sollte: In Düsseldorf ansässige Firmen wie QVC, Vodafone, Sipgate oder Trivago sowie diverse digitale Start-ups seien schließlich im weitesten Sinne ebenfalls Medienunternehmen, deren Aktivitäten man beachten sollte und die auch für Verlage und Sender noch einiges an Vernetzungspotenzial böten.

Bauchschmerzen bereitete indes auch in Düsseldorf die Frage nach der Situation freier Journalisten. Denn einerseits stehe die wirtschaftliche Lage der klassischen Medien vielerorts immer noch auf wackligen Füßen. Nicht nur Lokalzeitungen klagen über rückläufige Umsätze. „NRW ist auch ein schwerer Markt für lokales und regionales Fernsehen“, kommentierte Christian Zeelen, der als Gast gekommen war und aus seiner Erfahrung als ehemaliger Chefredakteur von Center TV Düsseldorf berichtete.

Freie – geschätzt, aber unterbezahlt

Andererseits seien die meisten Medienunternehmen weiterhin auf qualifizierte Zuarbeit angewiesen, wie Gabi Ludwig für den WDR explizit bestätigte: „Ohne freie Mitarbeiter könnten wir einpacken.“ Michael Bröcker hält die Mitarbeit der Freien ebenfalls für „existenziell, gerade im Lokalen“. Doch gerade dort gebe es weiterhin Nachwuchssorgen, denn allein von den Honoraren einer Tageszeitung komme man nur schwer über die Runden.

Die Suche nach zukunftsfähigen Geschäfts- und Bezahlmodellen wurde nicht nur beim abschließenden Umtrunk vielseitig debattiert, sondern könnte laut Gesprächen des VDJ-Vorstands auch zum Thema der nächsten Veranstaltung in ähnlichem Rahmen werden.||

Tipp: Der VDJ hat die gesamte Diskussion aufgezeichnet und das entsprechende Video auf seine Webseite gestellt.

* Korrektur: Hier stand im Originaltext „Westdeutsche Zeitung“.

 

Ein Beitrag aus JOURNAL 3/18, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Juni 2018.