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Unsichtbar, aber real

DJV-Seminar sensibilisiert für Cyberkriminalität als Lokalthema
29. März 2023, Andreas Schümchen

„Cyberattacke löst Insolvenz bei Fahrradhersteller im Kreis Gütersloh aus“, so titelte das Mindener Tageblatt Anfang Januar. Ein Hackerangriff hatte das Unternehmen Prophete in Rheda-Wiedenbrück für drei Wochen lahmgelegt – für den ohnehin wirtschaftlich angeschlagenen Fahrradproduzenten das Aus.

Mittlerweile sind nicht nur staatliche Einrichtungen und internationale Konzerne Ziel von Cyberkriminellen, die Angriffe haben sich ausgeweitet: Opfer sind mittelständische Unternehmen, Arztpraxen, Handwerksbetriebe und Freiberufler. Damit wird Cyberkriminalität zunehmend zum Thema in der Regional- und Lokalberichterstattung.

Wie lässt sich dieses Thema journalistisch auf der lokalen Ebene aufgreifen? Das zeigte ein Seminar des DJV-NRW in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum Digital.Sicher.NRW im vergangenen Oktober, das nun neu aufgelegt wird (siehe unten). Ziel ist es, Kolleginnen und Kollegen für das wichtige und komplexe Thema Cyberkriminalität zu sensibilisieren und sie zur Berichterstattung zu ermuntern.

Medien sollen bei der Sensibilisierung helfen

Digital.Sicher.NRW „soll kleine und mittlere Unternehmen bei der digitalen Selbstverteidigung unterstützen“, so formuliert Peter Meyer, einer der beiden Geschäftsführer, den Auftrag des Zentrums. Ein Schaden von jährlich mehr als 220 Milliarden Euro entsteht der deutschen Wirtschaft durch Cyberattacken, schätzt der Digitalverband Bitkom, Tendenz steigend. Deshalb gebe es dringenden Handlungsbedarf, und die Medien spielten eine wichtige Rolle. Voraussetzung sei allerdings eine kompetente Berichterstattung, an der es häufig noch mangele.

Das bestätigte auch Kriminalhauptkommissar Dirk Beerhenke im Seminar. Der frisch pensionierte Beamte, zuvor 17 Jahre als Ermittler und sieben Jahre in der Kriminalprävention tätig, forderte für die Berichterstattung eine stärkere Opferperspektive und mehr Verständlichkeit.

Zudem appellierte Beerhenke: „Keine Angst ohne Lösung“ – soll heißen: Neben der Berichterstattung über kriminelle Ereignisse könnten die Journalistinnen und Journalisten auch bei der Verbrechensvorbeugung helfen, indem sie aufklären und Lösungen aufzeigten.

Die journalistische Perspektive

Oberstaatsanwältin Angela Komp von der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW (ZAC) in Köln gab Einblick in ihre Arbeit und erklärte Cyberdelikte wie Phishing und Erpressungen mit Schadsoftware („Ransomware“).

Paul Dalg vom Tagesspiegel (Berlin) schließlich berichtete von seinen journalistischen Erfahrungen mit dem Thema Cyberkriminalität. Eine wichtige Aufgabe sieht er in der Übersetzung des „Cyber-Fachchinesisch“ in eine verständliche Sprache, vor allem mithilfe anschaulicher Vergleiche. Eine der größten Herausforderungen sei die Bebilderung von Cybercrime-Beiträgen. Zu oft würden dabei düstere Symbolbilder von kapuzentragenden, gesichtslosen Gestalten vor dem Hintergrund endloser Datenreihen verwendet – da bestehe Bedarf an kreativeren und besseren Ideen.

Insgesamt zeigte sich, dass das Thema nicht nur aktuell und von großer gesellschaftlicher Relevanz ist – die Arbeit der Ermittlerinnen und Ermittler und die allgegenwärtigen Gefahren sind auch Stoff für eine Menge spannender Geschichten.||

Ein Beitrag aus JOURNAL 1/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im April 2023.