Tarifverhandlungen gehören zum Kerngeschäft des DJV-NRW. Unter anderem ist der Landesverband für den WDR und das Deutschlandradio zuständig. Wie bei den Tageszeitungen (siehe „Freiraum auf Tarif“) gibt es auch hier Extras jenseits des Gehalts. Welche es sind und wo die Gewerkschaften gerade zäh verhandeln, verrät Volkmar Kah, Geschäftsführer des DJV-NRW.
JOURNAL: Bei den Tageszeitungen gibt es als Versuchsballon „Zeit statt Geld“. Was machen die Öffentlich-Rechtlichen, bei denen der DJV-NRW die Tarifverhandlungen führt, in diesem Bereich?
Volkmar Kah: Dort gibt es vergleichbare Angebote, die zwar kürzere Zeitkontingente umfassen, aber nach unserer Auffassung in anderer Hinsicht noch besser konstruiert sind. Beim Deutschlandradio sind es zehn Tage, beim WDR fünf Tage, die die Beschäftigten pro Kalenderjahr unter dem Stichwort „Selbstfinanzierter Zusatzurlaub“ nehmen können. Auch hier zahlt der Arbeitgeber für diese Tage in die Sozialversicherung ein, aber darüber hinaus beteiligt er sich auch an den Kosten.
JOURNAL: Wie sieht diese Co-Finanzierung konkret aus?
Kah: Deutschlandradio schießt 20 Prozent zu, der WDR sogar 30 Prozent, der eigene Kostenanteil fällt entsprechend geringer aus. Für den WDR heißt das: Je genommenem Zusatzurlaubstag wird das Monatsgehalt (Basis: 22 Arbeitstage) mit der jeweils nächsten Gehaltsabrechnung nicht um 1/22 gekürzt, sondern nur um 70 Prozent davon. Entsprechend rechnet es sich beim Deutschlandradio mit 80 Prozent von 1/22 pro Extra-Urlaubstag.
JOURNAL: Welche weiteren Bestandteile bieten die Gehaltstarifverträge bei den beiden Öffentlich-Rechtlichen?
Kah: Beide Anstalten subventionieren das Deutschlandticket, der WDR besonders großzügig für Feste und arbeitnehmerähnliche Freie. Beim Deutschlandradio gibt es zudem einen Rahmenvertrag mit einem Sportanbieter. So können Beschäftigte und arbeitnehmerähnliche freie Mitarbeitende ein vergünstigtes Angebot für Freizeitsportaktivitäten außerhalb des Funkhauses nutzen.
JOURNAL: Was sind die Vorteile solcher tariflichen Vereinbarungen?
Kah: Das sind erste Ansätze, um die Tarifpolitik zu modernisieren. Andere Branchen sind da bereits erheblich weiter als wir. Eine faire und auskömmliche Vergütung wird – zusammen mit den Regelungen eines anständigen Manteltarifvertrags – immer ein zentraler Bestandteil der Tarifpolitik bleiben. Aber wir sehen schon länger, dass Tariferhöhungen auf Dauer nicht die einzige Währung sein können, um die Arbeitsplätze attraktiv zu erhalten. Und daran müssen die Medienhäuser, ob öffentlich-rechtlich oder privat finanziert, ein Interesse haben, um sich im zunehmenden Ringen um Fachkräfte zu behaupten.
JOURNAL: Bei allem Lob gibt es für die oben genannten Regelungen bestimmt noch Wünsche und Kritik.
Kah: Oftmals gibt es insbesondere bei Freien weitere Bedarfe. Beispiel WDR: Hier sind wir vor allem wir seit längerem in zähen Verhandlungen über einen neuen Honorarrahmenvertrag. Der aktuell geltende ist Jahrzehnte alt und immer wieder ergänzt worden. Er bildet in vielerlei Hinsicht nicht mehr ab, wie heute gearbeitet wird. Das neu aufzusetzen ist ein mühsames Geschäft. Und natürlich liegen unsere Vorstellungen und die des Hauses an vielen Stellen weit auseinander.
Dabei sind wir natürlich immer im engen Austausch mit den Freien beim WDR, um sicherzustellen, dass wir in deren Sinne verhandeln. Aktuelles dazu gibt es unter djv-nrw.de/wdr und im Kanal „WDR-Tarifverhandlungen“, den wir auf Signal eingerichtet haben.||
Ein Beitrag aus JOURNAL 4/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2023.