Der virtuelle Kongress des Deutschen Journalismus-Retter Verbands (DJRV) flimmerte nun schon vier Tage über die Displays der Medienexperten. Aber noch immer wurden Journalisten geschlagen und bedroht, beschimpft, missachtet und ausgebeutet – trotz zahlloser Vorschläge war noch kein Patentrezept für den Journalismus gefunden. Geschweige denn eine Finanzierung.
Von „nicht gemein machen“ bis „authentisch gemein sein“, von „Grünschnäbel haben keine Ahnung“ bis „Ey, alter Sack, mach endlich Platz“: Beim Buzzwort-Bingo waren alle Phrasen schon mindestens dreimal gefallen. Kein Wunder, dass ab und zu leises Schnarchen aus den Lautsprechern klang. Besonders frustrierend: Über die Tagesordnung („Erst Untergangsszenario, dann Überleben einzelner in der Nische?“) war noch nicht beschlossen. Ständig meldete der Dienstleister: „Geduld. Wir zählen noch.“ Viele vertrieben sich die Zeit auf anderen Kanälen.
Zapp. Die Spitzen von Horst Lichters Schnurrbart zitterten: „Albert, das ist wirklich was Rares.“ Auch der Experte schaute begeistert in das Schatzkästchen. „Siehst Du dieses Schimmern, Horst? Das ist guter, alter, echter, seriöser Journalismus.“ Der Anbieter strahlte. Er hoffte für seine Leute auf viel Bares für Wahres. Aber bei den Händlern stockte das Bieten. „Wir wissen nicht so recht, ob wir so etwas überhaupt noch verkaufen können“, erklärte der Junge. Das Netz sei doch voll davon. Zumindest von Ähnlichem. Okay, vielleicht auch nur ein Abklatsch, voller Hintergedanken und Fehler, aber die Leute lieben es. „Was ist denn die Schmerzgrenze?“ Der geschockte Anbieter schraubte die Hoffnungen schon herunter, als er sagte: „Wir hatten an 4 Prozent mehr gedacht, mindestens 200 Euro pro Monat.“ Die Händler schoben die Schatzkiste von sich. Waldi hatte Mitleid: „Ich sage mal: 80 Euro. Aber mehr ist der Prügel nicht wert.“
Zapp. Der Kongress fragte sich gerade, ob die vielen Millionen von Staat und Google wohl reichen werden. „Das sahnen wieder nur die Großen ab“, meinte einer. Eine Sammlung für die Kleinen hatte nicht viel erbracht. Im Beutel lagen gerade mal drei Knöpfe.
Zapp. „Wer ist der Pfau?“ fragte Moderator Opdenhövel immer wieder. Bei „The Masked Writer“ mussten Verkleidete an Zitaten erkannt werden. Der Pfau fächerte sein schillerndes Rad auf, kreischte: „100 Prozent Journalismus. Keine Märchen.“ Zu einfach.
Zapp. Huch, der Kongress-Stream war leer. Über ein Laufband flimmerte: „Wegen Meinungsvielfalt vertagt.“
Ein Beitrag aus JOURNAL 6/20, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2020.