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Neulich… Was Meister Yoga sagt

16. April 2021, .stan

Ping-pong. Jemand betrat den virtuellen Stammtisch-Raum. „Herein, wenn’s kein Virologe ist“, alberte ein öffentlich-rechtlicher Kollege. Aber es war kein Medien-Star. Eine schwarze Maske füllte die Bildschirme, abgrundtiefes Atmen ließ die Lautsprecher vibrieren – keine Frage: Das war Dark Paper, bekannt aus den seit Jahrzehnten tobenden DigitalWars gegen die Druckmaschinen. Wie in der (vor allem auf Twitter gefeierten) Folge „Das Empörium schlägt zurück“ röchelte er den berühmten Satz: „Hrrr, prrr… Ich bin Dein Psychiater.“

Wir applaudierten. Paul ging in seiner Rolle regelrecht auf. Machte ja auch Spaß, diese Rollenschlüpferei. Keine Frage, ein Jahr Lockdown mit Mangel an Kontakten und Erlebnissen, ein Jahr Homeoffice im Belastungsmix aus Job, Familie, Schule und Kita auf engstem Raum – das hatte Spuren hinterlassen. In so manchem Heimbüro lagen erste Nerven blank. Wir am Stammtisch peppten deswegen unsere Videotreffs gern mit Spielchen und neuen Ritualen auf. Dark Paper war mitten in die Nominierungen geplatzt. Für unseren kleinen Wettbewerb: GSDS. Gewerkschaft sucht den Super-Abzocker.

Bisher vorn lag der bayerische Verlag, der eine hauptberuflich Freie fürs Lokale jahrelang mit 14 Cent pro Zeile und 5 Euro pro Foto abgespeist hatte. „Dreist und übergriffig“, wetterten Julian und Alexandra, die inzwischen als Duo auftraten. Aber die Kollegin tat, was sich leider kaum jemand traut (oder leisten kann): sie klagte, forderte Mindesthonorare nach den Gemeinsamen Vergütungsregeln – und erhielt jetzt von Richtern satte 66.000 Euro Nachzahlung zugesprochen. „Klasse!“ Ella hoffte auf eine Klageflut. „Was haben Freie an der Armutsgrenze noch zu verlieren?“

Andreas hatte noch einen Anwärter. „Ein westfälischer Verlag. Der wollte viel Geld sparen, mit Kurzarbeit in der Redaktion, wegen Corona.“ Weil die Seitenzahl durch Anzeigen-Rückgänge ja gesunken sei und es kaum noch Termine gäbe. Und? Er strahlte: „Leider konnte die Redaktion beweisen, dass es gar keine Entlastung gibt. Die Arbeitszeiterfassung, die sie dank Betriebsrat eingeführt hatten, belegte nämlich, dass es immer noch jede Menge Überstunden gab, trotz Corona. Ergebnis: Kurzarbeit vom Tisch.“

Wir prusteten los. Platz 1 für den typischen Fall von Manager-Denke ohne Kenntnis der Redaktionswirklichkeit. Und war das nicht auch ein Beweis für Personalmangel? Sitzriese Manni, der in seinem grünen Jogginganzug so gerade noch als Meister Yoga durchging, tönte: „Dokumentierte Arbeitszeit der Knüller ist!“||

Ein Beitrag aus JOURNAL 2/21, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im April 2021.