Matthias Kerkhoff, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion und CDU-Chef im Hochsauerlandkreis, wirbt auf seiner Internetseite für die dortige vielfältige und gute Bildungslandschaft. Was man halt so sagt als Politiker. Zur Bildung gehört übrigens das Wissen ums Grundgesetz – Artikel 5 und die Pressefreiheit. Die gilt auch für Leserbriefe und Posts bei Twitter und Co. Kerkhoff sieht das anders. Er empfahl der Westfalenpost, sie solle keine Leserbriefe zur Kampfabstimmung zwischen Friedrich Merz und dem Bundestagsabgeordneten Patrick Sensburg mehr veröffentlichen, um den Wettstreit nicht weiter zu befeuern.
Zum Glück ist die Zivilgesellschaft Kerkhoff gleich in die Parade gefahren. Seine Bitte um Entschuldigung ging einher mit der Aussage, er sei missverstanden worden. Das kennen wir ähnlich von Friedrich Merz selbst, der im Februar 2020 den journalistischen Beruf für überflüssig erklärt hatte und das nach ablehnenden Reaktionen auch zum Missverständnis erklärte.
Auf Kerkhoffs Internetseite kommt die Debatte um die Leserbriefe nicht mal vor. Da sehe ich den Landtagsabgeordneten Tennis spielend mit dem Hinweis auf NRW-Sportförderungen für die Vereine in Brilon und Hallenberg – 190.000 Euro für moderne Sportstätten.
Nichts gegen die Sportförderung, aber wären vergleichbare Summen nicht auch ein guter Anfang, um sich als Politiker im eigenen Wahlkreis für Medienbildung stark zu machen? Mich erschüttert, wie es um die Medienkompetenz in unserer Gesellschaft bestellt ist. Eine aktuelle Studie der Stiftung Neue Verantwortung zeigt, dass erwachsene Menschen oft nicht in der Lage sind, Falschnachrichten zu identifizieren, dass sie weder Nachricht noch Kommentar erkennen und auch werbefinanzierte Texte nicht von journalistischen unterscheiden können. Dabei ist eine funktionierende Demokratie auf gut informierte Bürgerinnen und Bürger angewiesen.
Es gibt also viel zu tun, Herr Kerkhoff, packen Sie mit an! Kümmern Sie sich neben der Sportförderung mal um weitere relevante Themen in unserer Gesellschaft, beispielsweise die Medienkompetenz und die Pressefreiheit. Oder war alles vielleicht doch kein Missverständnis?||
Ein Beitrag aus JOURNAL 2/21, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im April 2021.