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„Team Wallraff“: Undercover-Recherche war rechtens

RTL siegt in letzter Instanz gegen die Helios-Kliniken
5. Juni 2020, red.

Nach mehrjährigem Streit um eine Krankenhaus-Reportage in der RTL-Reihe „Team Wallraff – Reporter undercover“ hat RTL vor dem Bundesgerichtshof (BGH) einen endgültigen Sieg gegen die Helios-Kliniken errungen.

Streitpunkt war eine Ausgabe von „Team Wallraff“ aus dem Jahr 2016, die sich mit Missständen in deutschen Krankenhäusern beschäftigte. Für die Sendung „Katastrophale Missstände in deutschen Krankenhäusern“ hatte die RTL-Produktionstochter InfoNetwork undercover in einer Klinik in Wiesbaden recherchiert. Als Pflegepraktikantin hatte Reporterin Pia Osterhaus Hygienemissstände mit versteckter Kamera dokumentiert.

Der Klinikbetreiber Helios erwirkte zunächt eine Einstweilige Verfügung und bekam anschließend vor dem Landgericht Hamburg Recht. Das Oberlandesgericht Hamburg folgte aber der Berufung von RTL und hob das Urteil auf. Danach waren die verdeckten Aufnahmen zulässig, weil die Mängel nicht anders hätten dokumentiert werden können.

Eine Revision des Urteils wurde nicht zugelassen. Dagegen legte der Klinikbetreiber beim Bundesgerichtshof Beschwerde ein. Diese Beschwerde hat der VI. Zivilsenat des BGH nun abgewiesen, weil „weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert“. Der ursprüngliche Streitgegenstand spielte also keine Rolle.

Mit der BHG-Entscheidung ist das Urteil des Oberlandesgerichts nun rechtskräftig. RTL sieht sich in seiner Rechtsauffassung gestärkt. Chefredakteur Michael Wulf zeigte sich erfreut, „dass das höchste deutsche Zivilgericht unsere Rechtsauffassung ohne Wenn und Aber billigt und damit die Pressefreiheit insgesamt stärkt. In diesem Sinne werden das Team Wallraff und unser Investigativ-Ressort auch weiter recherchieren und berichten.“ Auch Günter Wallraff lobte, dass der Beschluss des BGH den aufklärenden, investigativen Journalismus stärke.

Auch der DJV begrüßte den Sieg für RTL und die Kolleginnen und Kollegen vom Team Wallraff. Das Urteil sei eine klare Aussage für alle anderen Journalistinnen und Journalisten, die sich mit dem Gedanken tragen, undercover zu recherchieren, kommentierte DJV-Pressesprecher Henrik Zörner. „Für sie ist der Richterspruch kein Freifahrschein. Denn Recherchen müssen zunächst mal mit den allgemein üblichen journalistischen Mitteln geführt werden. Aber, und das ist der entscheidende Halbsatz im OLG-Urteil: Wenn die Mängel nicht anders dokumentiert werden können, ist der Undercover-Einsatz rechtmäßig.“||

 

Eine Meldung aus JOURNAL 3/20, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Juni 2020.