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Total global?

Wie international sind BBC World News, CNN International und Co.?
23. Juni 2022, Eva Eschenauer

In unserer globalisierten Welt werden internationale Nachrichten immer wichtiger. Was andernorts geschieht, hat häufig auch Auswirkungen auf unsere Wirtschaft und Politik sowie auf unser direktes Lebensumfeld. Ganz aktuell sehen wir das zum Beispiel am Ukraine-Krieg.

Eva Eschenauer
Wie international sind BBC und Co.? Das hat Eva Eschenauer wissenschaftlich untersucht. | Foto: Kutopiart/Sandra Härtwig

In den zurückliegenden Jahrzehnten haben sich Fernsehsender entwickelt, die sich auf die internationale Berichterstattung spezialisiert haben. Diese sogenannten internationalen Nachrichtensender (im Folgenden abgekürzt mit INC für „International News Channel“) machen es sich zur Aufgabe, ein internationales Publikum über das Weltgeschehen zu informieren. Bekannte Beispiele für solche Sender sind CNN International (1985 gegründet) und BBC World News (1991 gegründet). Doch wie kosmopolitisch fällt die Berichterstattung dieser Sender wirklich aus? Sind sie tatsächlich unabhängige internationale Berichterstatter oder ist ihre Berichterstattung von den Interessen ihres Heimatlandes beeinflusst?

Mit dieser Frage habe ich mich im Rahmen meiner Masterarbeit an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf im Studiengang „Politische Kommunikation“ beschäftigt und dazu die Berichterstattung fünf internationaler Nachrichtensender untersucht. Zum Ende meines Studiums stand ich wie alle Studierenden vor der Frage, welches Thema ich im Rahmen meiner Masterarbeit behandeln könnte. Auf der Suche nach einer geeigneten Aufgabenstellung stieß ich auf der Universitätswebsite auf einen Vorschlag meines Dozenten Prof. Dr. Olaf Jandura – die Berichterstattung internationaler Nachrichtensender. Das fand ich spannend, denn während über die Berichterstattung nationaler Medien bereits viel geforscht wurde, ist über die Berichterstattung der internationalen TV-Sender bislang noch recht wenig bekannt.

Im Rahmen eines früheren Forschungsprojekts hatte Prof. Jandura mit Kolleginnen und Kollegen Daten zur Berichterstattung unter anderem von CNN International, BBC World News, Al Jazeera English, France24 und Russia Today (inzwischen RT) erhoben. Das Team hatte eine Woche lang

(24. bis 30. Juni 2013) das Programm dieser Sender untersucht, jeden einzelnen Beitrag einer Kategorie zugeordnet (zum Beispiel Nachrichtenbeitrag, Werbung) sowie das Thema des Beitrags und den zentralen Handlungsort erfasst. Dieser Datensatz wurde mir für meine Arbeit zur Verfügung gestellt.

Kriterien für eine internationale Berichterstattung

Um die Internationalität der Sender zu bewerten, habe ich ihre Nachrichtengeografie analysiert: Wie verteilen sich ihre Nachrichten über den Globus? Über welche Länder und Regionen wird wie viel berichtet?

Dabei habe ich für die Bewertung von „Internationalität“ zwei Kriterien angelegt. Das erste Kriterium war der Einfluss des Heimatlandes der Sender auf ihre Berichterstattung: Wird über das jeweilige Herkunftsland der Sender überdurchschnittlich häufig berichtet? Beeinflussen Faktoren wie geografische Nähe oder politische, wirtschaftliche und historische Beziehungen eines Lands zum Heimatland des jeweiligen Senders die Häufigkeit, mit der über das Land berichtet wird?

Zweitens habe ich betrachtet, wie ausgewogen die TV-Sender über die verschiedenen Länder und Regionen berichten. Werden bestimmte Regionen und Länder(-gruppen) häufiger erwähnt als andere? Idealerweise sollten alle Regionen und Länder über dieselben Chancen verfügen, in die Berichterstattung aufgenommen zu werden. Aus der Berichterstattung nationaler Medien ist jedoch bekannt, dass mächtige Länder üblicherweise besonders viel Aufmerksamkeit erhalten. Deshalb habe ich mir angeschaut, ob das auch bei den internationalen Fernsehsendern der Fall ist.

Im Ergebnis zeigte sich, dass die Nachrichtengeografie der untersuchten Nachrichtensender ambivalent zu bewerten ist. Für die Internationalität der Sender spricht vor allem der sehr hohe Anteil von Nachrichten zu Themen von globaler Relevanz. Während des Untersuchungszeitraums war das zu großen Teilen – aber nicht nur – die Flucht des Whistleblowers Edward Snowden.

Andererseits sind die Sender weit davon entfernt, ihr Publikum umfassend über das Weltgeschehen zu informieren. Mit ihrer Berichterstattung zeichnen sie ein stark akzentuiertes und ausgesprochen unvollständiges Bild der Welt.

Sowohl das eigene Land als auch international besonders einflussreiche Länder sind in der Berichterstattung von INC überproportional häufig präsent. Die USA stehen dabei mit deutlichem Abstand an der Spitze. Im Schnitt behandelt mehr als jeder zehnte Beitrag Ereignisse innerhalb der Vereinigten Staaten. Aber auch die übrigen G7-Länder (mit Ausnahme von Kanada) sowie Europa als Kontinent erhalten in den Nachrichten der fünf untersuchten Sender überdurchschnittlich viel Beachtung. Weniger einflussreiche Länder geraten hingegen meist erst durch besondere Ereignisse (zum Beispiel Kriege oder Naturkatastrophen) in den Fokus der Aufmerksamkeit. Vor allem die Länder Ozeaniens und afrikanische Länder können bei den internationalen TV-Sendern nur wenig Interesse hervorrufen. Damit folgt die Nachrichtengeografie von INC ähnlichen Mustern wie die Berichterstattung nationaler Medien, wenngleich diese Tendenzen erkennbar weniger ausgeprägt sind.

Russia Today schneidet schlecht ab

Als der Sender mit der kosmopolitischsten Nachrichtengeografie erwies sich Al Jazeera English. Er präsentiert seinen Zuschauern die ausgewogenste Nachrichtengeografie, fokussiert am wenigsten auf international einflussreiche Länder und thematisiert sein Heimatland von allen analysierten Programmen mit Abstand am seltensten. Das genaue Gegenteil trifft auf Russia Today zu, was den INC zu dem am wenigsten internationalen Berichterstatter der Analyse macht.||

 

Auszeichnung mit dem Heinrich-Heine-Journalismuspreis 2021

Im März dieses Jahres hat der Verein Düsseldorfer Journalisten meine Masterarbeit (Note: 1,3) mit dem Heinrich Heine-Journalismuspreis 2021 ausgezeichnet. Darüber habe ich mich wahnsinnig gefreut. Ich erinnere mich gut, wie sehr es mich bei meiner Bachelorabschlussfeier beeindruckt hat, als andere Studentinnen und Studenten für ihre Abschlussarbeiten geehrt wurden. Dass ich selbst nun diesen Preis erhalten habe, belohnt die Mühe, die ich in meine Masterthesis investiert habe.

Seit 2010 ehrt der Verein Düsseldorfer Journalisten (VDJ) mit dem Heinrich-Heine-Journalismuspreis im jährlichen Wechsel brilliante journalistische Arbeiten und herausragende Bachelor- und Masterarbeiten am Sozialwissenschaftlichen Institut der Universität Düsseldorf. Mehr unter www.djv-duesseldorf.de

Ein Beitrag aus JOURNAL 2/22, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Juni 2022.