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„Wir sind die Brücke zum Journalismus“

Salon5 ist die Jugendredaktion des Recherchenetzwerks Correctiv
12. April 2024, Matti Stahlbaum

Wer das erste Mal die Redaktionsräume der Jugendredaktion Salon5 in Bottrop betritt, wundert sich meist: Sitzkissen in allen möglichen Farben. Stühle, die gar nicht zueinander passen. Sofas, Sessel und ein Klavier. Gar nicht so klassisch Redaktion. Das wollen wir nämlich gar nicht sein! Sondern viel mehr: Salon5 ist gedacht als Begegnungsort, als Zentrum, das alle willkommen heißt.

Die Idee: Das gemeinnützige Recherchenetzwerk Correctiv aus Essen sollte eine Jugendredaktion bekommen. 2020 hat unsere Arbeit in Bottrop angefangen. Mittlerweile hat Salon5 neben Bottrop noch zwei weitere Redaktionen – in Greifswald und in Hamburg-Bergedorf. Sie haben eine Gemeinsamkeit: Sie sind mittendrin. Mittendrin in den Innenstädten. Offene Türen und große Fenster laden vorbeigehende Menschen ein.

Durch ein Schaufesnter sieht man eine junge Frau und einen jungen Mann, die etwas performen.
Die Redaktion von Salon5 in Bottrop ist als Begegnungsort gedacht und lädt auch zu Kulturveranstaltungen wie „Open Mic“ ein. | Foto: Matti Stahlbaum

Der „Salon“ in unserem Namen steht für genau diese Offenheit. Die „5“ steht für den fünften Artikel im Grundgesetz. Er dient uns als Ausgangspunkt, als Anker unserer Arbeit. Hier setzt der Journalismus an: Täglich kommen Jugendliche in unsere Redaktionen. Manche entdecken uns durch Zufall, andere wollen Podcasts aufnehmen, ein Video drehen oder eine Veranstaltung moderieren. Wir machen das mit unserem Ausbildungsprogramm möglich. Ausgebildete Journalistinnen und Journalisten begleiten die Jugendlichen bei den ersten Schritten in den Journalismus.

Von Anfang an bietet unsere Redaktion einiges zum Ausprobieren. Von Podcasts in unserem Tonstudio und Videos vor unserem Greenscreen bis hin zu Veranstaltungen in unserem Schaufensterraum und Workshops. 70 Jugendliche kommen mittlerweile zu uns. Manche nur einmal im Monat, viele aber öfter.

Begeisterung für den Journalismus wecken

Ich bin einer von diesen 70. Auf der Suche nach einem Platz für mein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) bin ich in Bottrop auf Salon5 gestoßen und habe mich direkt beworben. Ohne Salon5 wäre ich nicht zum Journalismus gekommen und würde jetzt nicht Journalismus studieren. Eine solche Begeisterung für den Beruf zu wecken: Das ist es, was diese Jugendredaktion ausmacht.

Ich arbeite in dem Team von ausgebildeten Journalistinnen und Journalisten mit, das die Jugendlichen bei Salon5 betreut. Insgesamt sind wir 15 Redakteurinnen und Redakteure, studentische Hilfskräfte oder FSJler. Unter der Woche sind wir jeden Tag in der Redaktion ansprechbar, immer von 9.30 Uhr bis 18 Uhr, ganz egal ob in Bottrop, Hamburg oder Greifswald.

Eine Sache, die mir von Anfang an gefallen und mich motiviert hat: Die Jugendlichen entscheiden selbst über die Themen, die sie bearbeiten wollen – und über vieles andere auch. In monatlichen Themenkonferenzen sammeln sie bei Pizza und Getränken alle Punkte, die sie gerade beschäftigen. Wirklich alle! Mobbing, Erwachsen werden, KI in der Schule, und, und, und …

Wir, das professionelle Team von Salon5, helfen ihnen dabei und geben Denkanstöße: Wie kann man ein Thema umsetzen? Ergibt ein Video oder ein Podcast Sinn? Eine Veröffentlichung auf Instagram oder TikTok? Anhand journalistischer Standards und Kriterien erarbeiten wir gemeinsam mit den Jugendlichen die Antworten.

Organisiert wird das ganze oft in Themenwochen. Darin beschäftigen wir uns eine Woche mit einem bestimmten Oberthema, wie zum Beispiel „Mögliche Perspektiven nach der Schule“, über das sich die Jugendlichen intensiv informieren. Sie recherchieren: Was sagen Expertinnen und Experten zu meinem Thema? Was sagen Betroffene? In Interviews können sie das erlernte Wissen praktisch nutzen.

Breites Workshopangebot

Auch 200 Workshops haben wir im vergangenen Jahr gegeben. Darin vermitteln wir die Skills, die Journalistinnen und Journalisten brauchen. Hier ist die Palette ebenfalls breit: Es gibt Podcast-Workshops, Faktencheck-Work- shops, Sprach- und Moderationstrainings. Egal, ob bei uns in den Redaktionsräumen oder auf Wunsch auch vor Ort in Schulen oder Jugendeinrichtungen. Wir machen alles möglich.

So ziemlich alle Inhalte, die wir erarbeiten, veröffentlichen wir auch. Unser Webradio spielt neben Musik auch jede Stunde einen Podcast. Auch über unsere App kann man sich alle Podcasts anhören. Auf Instagram, TikTok und YouTube sind wir unter @salon5_ zu finden. Hier veröffentlichen wir alle Videos, Beiträge und Storys.

Kultur in die Redaktion holen

Im Schaufensterraum der Bottroper Redaktion finden neben den monatlichen Themenkonferenzen rund einmal im Quartal „Open Mic‘s“ statt. Das Ziel ist, Kultur in die Redaktion zu holen. Jam-Sessions, Poetry-Slams oder Literatur-Sessions, alles natürlich organisiert und gestaltet von Jugendlichen.

Ein Highlight und eine feste Instanz ist der Salon5 Jugendbuchpreis. Jedes Jahr können Jugendliche aus dem deutschsprachigen Raum ihre Lieblingsbücher einreichen. Eine Jury aus unseren Jugendreporterinnen und -reportern liest alle und kürt Gewinnerinnen und Gewinner in unterschiedlichen Kategorien, wie Gerechtigkeit oder Perspektivwechsel. Die Preisverleihung ist der Höhepunkt der Juryarbeit.

Ein großes Thema, das uns bei Salon5 immer wieder beschäftigt, ist das Klima. Deshalb geht es im Sommer für eine Woche zu unserer Redaktion nach Greifswald, die sich hauptsächlich mit Klima- und Umweltthemen befasst. Jugendliche aus ganz Deutschland fahren jedes Jahr mit. Das Programm besteht aus Workshops, Ausflügen und natürlich Freizeit direkt am Greifswalder Bodden.

Ich bin die letzten beiden Jahre dabei gewesen und denke gerne zurück. 2022 standen wir in einem Moor und 2023 waren wir auf einer Naturschutzinsel, die normalerweise keine Menschen betreten dürfen. Ich denke, auch dieses Jahr können wir uns auf eine spannende Woche freuen.

Salon5 wächst auch 2024 weiter – und wir wachsen mit. Ich persönlich bin froh, Teil dieser Redaktion und dieses Projekts zu sein. Denn Salon5 ist einzigartig. Wir sind da, wo keiner ist. Wir sind die Brücke zum Journalismus.||

 

Ein Beitrag aus JOURNAL 1/24, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im März 2024.