Das Corona-Virus hat Dynamik in die Arbeitswelt gebracht. Schneller als gedacht wurde Homeoffice ermöglicht, um Kontakt zu potenziell Infizierten zu verhindern. Droht die Arbeitskraft durch die Viruserkrankung komplett auszufallen, zeigen sich die Verantwortlichen auf einmal erfinderisch. Was sie jahrelang abgelehnt haben, weil ihnen die Kontrolle – sprich Anwesenheit vor Ort – wichtiger war, ist über Nacht möglich. Aber der Teufel steckt im Detail. Da Homeoffice bisher keine geübte Praxis war, stoßen die IT-Kapazitäten der Medienhäuser gerade an Grenzen. So heißt es oft beim Einloggen: Das System ist überlastet.
Das Corona-Virus zeigt zudem die Ungleichheit in der Arbeitswelt. Angestellte sind gut abgesichert, falls die Quarantäne ihre Redaktion, den Lokalsender oder die Abteilung in die Knie zwingt. Die Freien allerdings gucken in die Röhre – sowohl bei einer eigenen Erkrankung als auch beim Wegfall von Aufträgen, falls journalistische Produkte reduziert oder gar nicht mehr veröffentlicht werden. Freie tragen das wirtschaftliche Risiko allein. Dabei ist ihre Bezahlung oft so mager, dass sie eben keine Rücklagen für schlechte Zeiten bilden können.
Das Virus macht diese Ungerechtigkeit sichtbarer, die wir nicht hinnehmen können. Lösungen auch für selbstständige Kleinstunternehmer kündigen sich gerade an. Aber bitte keine Kredite, die zurückgezahlt werden müssen. Eine echte Lösung wären unbürokratische Zahlungen für die kommenden sechs Monate, kurzum: ein Grundeinkommen in Notzeiten.
Das Corona-Virus stellt auch heraus, wie wichtig kompetenter Journalismus ist, denn in sozialen Medien bestimmen oft Gerüchte, Halbwahrheiten und Panikmache die Diskussion. Da sind seriöse Quellen und sachliche Informationen gefragt – Kernkompetenzen unserer Zunft, und zwar auf beiden Seiten des Schreibtischs: Journalistinnen und Journalisten recherchieren, informieren unabhängig, gewichten und klären auf. Aber auch Pressesprecherinnen und -sprecher helfen, Dinge einzuordnen und Informationen für jedermann verständlich aufzubereiten. Dank Corona-Virus wird im Moment mehr als deutlich, wie systemrelevant wir sind.||
Ein Beitrag aus JOURNAL 2/20, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im April 2020.