Mehr News, weniger Trash: Schon länger arbeitete RTL am seriöseren Image. Was vor rund zwei Jahren unter dem Motto „Inhalteherz“ und dem Umbau zu einer neue Ressortstruktur startete, ist Wirklichkeit: Am 1. April fiel der Startschuss für die zentrale journalistische Einheit für crossmediale Nachrichten, Infotainment, investigativen Journalismus sowie Dokutainment. Die RTL News GmbH hat die bisherige Inhalte-Tochter infoNetwork abgelöst und bringt einen Namen mit, der keine Fragen weckt und auf die Marke einzahlt.
In der neuen Tochter hat die Mediengruppe RTL Deutschland die infoNetwork-Belegschaft mit Kolleginnen und Kollegen weiterer Töchter, vor allem von ntv und RTL interactive, zusammengeführt. Das war aufwändiger als gedacht, sodass das Unternehmen mit zweimonatiger Verspätung startete. Auch für den Betriebsrat eine Herausforderung, der den Prozess über Monate begleitet hat.
Heute produzieren rund siebenhundert Journalistinnen und Journalisten an 24 Standorten im In- und Ausland Nachrichten und Magazine für die Sender RTL, ntv und Vox sowie Inhalte und diverse Formate für die digitalen Plattformen der Gruppe. Die Philosophie lautet wie bei anderen Medienhäusern: Inhalte gemeinsam recherchieren und entwickeln und sie auf allen Kanälen und Plattformen jeweils passend aufbereitet ausspielen, ob als Text, Bewegtbild für TV oder Netz, als Podcast oder Radiobeitrag.
Neben den üblichen Synergieeffekten geht es der Mediengruppe dabei auch um den Ausbau des Informationsangebots. So soll das Mittagsmagazin Punkt 12 von zwei auf drei Stunden verlängert werden. Das Nachrichten-Flaggschiff RTL Aktuell bekommt eine zusätzliche 15-Minuten-Ausgabe um 16:45 Uhr. Die Moderation übernehmen wie bei der Hauptsendung um 18:45 Uhr Charlotte Maihoff, Peter Kloeppel und Maik Meuser im Wechsel.
Ein neues Nachrichtenformat ist für das zweite Halbjahr angekündigt – mit dem ehemaligen Tagesschau-Chefsprecher Jan Hofer als Anchor. Wie zu hören ist, soll es in der mittleren Abendschiene platziert werden, die ARD und ZDF mit Tagesthemen und heute journal bisher unter sich aufteilen. Kurz vor Drucklegung wurde bekannt, dass auch Tagesthemen-Moderatorin Pinar Atalay zu RTL wechselt. Nicht nur diese Personalien sorgten für Aufsehen. Einen kleinen Coup landete RTL auch mit der Initiative „Klima vor acht“, die für regelmäßige, verständliche Klimaberichterstattung im Fernsehen kämpft. Während die ARD noch zögerte, ging RTL schon in enge Abstimmung mit der Initiative über ein Klima-Format im Umfeld von RTL Aktuell.
Nicht zuletzt startete die Mediengruppe RTL Deutschland zusammen mit dem STERN im Frühjahr den Morgen-Podcast „heute wichtig“ mit Journalist, Autor und Fernsehmoderator Michael Abdollahi als Host. Ein Hinweis auf die mögliche engere Zusammenarbeit mit Gruner + Jahr, die Bertelsmann-Chef Thomas Rabe anstrebt (siehe auch JOURNAL 2/21).
Dass RTL – ähnlich wie ProSieben (siehe auch journalist 5/21) – stärker um gesellschaftliche Relevanz bemüht ist, gilt in der Branche unter anderem als Versuch der Abgrenzung zu Streaming-Konkurrenten wie Netflix. Zudem habe die Pandemie das Bedürfnis nach seriöser Information gestärkt. Christoph Sterz bringt im Medienmagazin @mediasres im Deutschlandfunk einen weiteren Aspekt ins Spiel: In den nächsten Monaten stehe die Entscheidung an, welche Angebote gemäß Medienstaatsvertrag einen besonders guten Platz auf Smart-TVs und Smart-Speakern zugewiesen bekämen. Da könne es nicht schaden, „bei Medienpolitik und den staatsfernen Medienaufsehern von den Landesmedienanstalten einen guten Eindruck zu hinterlassen“.||
Ein Beitrag aus JOURNAL 3/21, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Juni 2021.