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DJV-Umfrage zeigt: Freie brauchen Hilfe

Weniger Aufträge, gesunkene Umsätze
5. Juni 2020, Corinna Blümel

Eine DJV-Umfrage zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der freien Journalistinnen und Journalisten zeigt, wie schwer viele aus dieser Gruppe von der Coronakrise betroffen sind. Zugleich profitieren freiberuflich tätige Journalistinnen und Journalisten kaum von den Hilfsprogrammen der Politik. Der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall sprach Anfang Juni bei Vorsteellung der Ergebnisse von einer dramatischen Entwicklung. Viele der Freien hätten schon vor der Krise nicht viel verdient. Jetzt rutsche ein Teil der Kolleginnen und Kollegen unter das Existenzminimum.

„Die Freien sind das produktive Rückgrat von Presse und Rundfunk. Wenn professionelle Journalisten nicht mehr von ihrer Arbeit leben können, bekommen wir auch Probleme mit der Pressefreiheit in Deutschland.“

Die Umfrage wurde im Mai 2020 als offene Befragung im Internet durchgeführt. Mit insgesamt 287 registrierten, abgeschlossenen Teilnahmen ist sie nicht repräsentativ.

Schlaglicht auf die in Not

Natürlich gibt es freie Journalistinnen und Journalisten, die durch die Krise keine oder nur geringe Ennahmeverluste haben. Und wer regulär gut verdient, dürfte auch ein Finanzpolster haben, um einige schlechtere Monate zu überbrücken. Die Umfrage wirft vor allem ein Schlaglicht auf die eher Geringverdienenden, denen in der Regel auch entsprechende Rücklagen fehlen. So gaben 28 Prozent der Befragten an, dass sie keine nennenswerten Ersparnisse in der Hinterhand haben. Wenn alle Faktoren zusammenkommen – schon regulär niedriges Einkommensniveau, fehlende Rücklagen und Auftragseinbruch oder Zahlungsverzögerungen bei ausstehenden Honoraren – wird es für die Betroffenen eng (siehe auch „Coronakrise: Wenn Stundungen teuer werden„).

In der DJV-Umfrage meldete die Hälfte der Befragten im bisherigen Auftrags-/Einsatzfeld weniger Umsatz. Ein Drittel gab an, überhaupt keine neuen Aufträge oder Einsätze mehr zu bekommen. Der Gewinn ist bei den Befragten um fast zwei Drittel eingebrochen – von durchschnittlich 2.470 Euro auf 780 Euro im Monat. Fast 30 Prozent kommen auf gerade einmal bis zu 500 Euro Gewinn, bei weiteren 13 Prozent sind es maximal 1.000 Euro. Rund die Hälfte der Befragten schreibt sogar Verluste.

Einige Gruppen besonders betroffen

Zu den Gruppen, die besonders schwer getroffen sind, gehören vor allem Frauen und Alleinerziehende. Etwa ein Drittel der befragten Frauen und ein Viertel der Männer gaben an, coronabedingt wegen der Betreuung von Kindern oder Angehörigen weniger oder gar nicht mehr zu arbeiten. „Journalistisches Arbeiten, Recherche, Homeoffice und Kinderbetreuung vertragen sich oft nicht gut miteinander“,  sagte der DJV-Vorsitzende und warnte davor, dass diejenigen, die unter solchen Bedingungen nichts verdienten, schnell in Hartz IV rutschen können.

Das gilt auch für viele Freie, die sich etwa auf Themen wie Sport, Kultur oder auch Messen und Kongresse spezialisiert haben. Besonders schwer getroffen sind dabei die Bildjournalistinnen und -journalisten, denen zudem oft auch die Aufträge aus Pressestellen weggebrochen sind. Im Fotojournalismus sank der monatliche Erlös von durchschnittlich 2.260 Euro auf 560 Euro.

Politik muss nachbessern

Der DJV begrüßt die von der Bundesregierung angekündigten neuen Hilfen für Selbstständige und die Verlängerung der Corona-Grundsicherung. Allerdings sollte die Politik die Umfrageergebnisse bei der weiteren Umsetzung berücksichtigen. „Vor allem der kreative Mittelstand und Personen, die mit anderen Berufstätigen zusammenleben, sind häufig von Hilfen für den Lebensunterhalt ausgeschlossen“, erklärte Überall. „Zahlungsverpflichtungen laufen aber fort. Hier muss von der Politik noch dringend nachgebessert werden.“

Im Mai hatte der DJV-Landesverband NRW auf die schwierige Lage für Freie hingewiesen. Nach dem Durcheinander um die Soforthilfe für Soloselbstständige in Nordrhein-Westfalen sei nun auch die sogenannte Vertrauensschutzlösung unzureichnend und lasse die freien Journalistinnen und Journalisten im Regen stehen (siehe auch „Vertrauensschutzlösung zu NRW-Soforthilfe unzureichend“). Der Landesvorsitzende Frank Stach hatte die Landesregierung aufgefordert, „sich ähnlich wie andere Bundesländer endlich auch für freie Journalistinnen und Journalisten einzusetzen, um deren Existenzen nachhaltig zu sichern“.

Die Umfrage „Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die wirtschaftliche und soziale Lage der freien Journalistinnen und Journalisten“ ist als Momentaufnahmen in einer besonderen Situation zu sehen und versteht sich nicht als Fortschreibung des bisherigen Freienumfragen aus den Jahren 1998, 2008 und 2014. Konzipiert wurde der Fragebogen in Abstimmung mit dem Fachausschuss Freie Journalistinnen und Journalisten.

Die Umfrage-Ergebnisse können hier im Detail abgerufen werden.