„Da macht sich wieder einer zum Honk“, stellte Peter nüchtern fest und wies hoch zum kleinen Fernseher über der Theke. Es lief das Mediendschungel-Camp. Ein Manager schaute angewidert in die Kamera. In Großaufnahme glaubten wir, Ekelpickel an seinen Lippen aufplatzen zu sehen. „Nein“, schrie er lauthals, „gebt mir Mistkäfer, Alligator-Penis oder Würmer. Aber Tarifsuppe esse ich nicht!“ Die Moderatorin schien verzweifelt. Gerade Medienmanager gehörten doch eigentlich zu denen, die stets bedenkenlos alles tun, was gerade von ihnen verlangt wird.
Wir schalteten das Mediendschungel-Camp ab. Die Suppenkasper-Auftritte wiederholten sich mittlerweile ständig. „Es wird immer abgefahrener“, stöhnte Tom, „von Tarifflucht bis Personalabbau. Habe nur ich das Gefühl oder wurde uns von den Medienarbeitgebern auf breiter Front der Krieg erklärt?“ Was sich in letzter Zeit landauf, landab in den Tarifrunden beim Lokalfunk, bei Öffentlich-Rechtlichen oder bei Tageszeitungen wie etwa Funke abspielte, war eine Farce. „Eigentlich lupenreiner Stoff für eine Tarifsoap. Titel: Houses of Dumping“, schlug Gregor vor.
Die einen provozieren: Klar können Sie einen Haustarif haben – aber nur, wenn er noch deutlich unter dem Untertarif bleibt, den wir ohnehin zahlen, haha. Andere beleidigen ihr zunehmend ausgepresstes Personal bewusst mit lächerlichen Winzangeboten: Ein Prozent ist doch gut, immerhin ziehen wir nichts ab. Manche treiben offen Keile zwischen Feste und Freie, um sie finanziell gegeneinander auszuspielen. Und während sie uns über die schlimmen Sparzwänge die Ohren voll jammern, reden sie intern über die Anschaffung von Design-Möbeln, etwa 36 Sessel zum Stückpreis von knapp 4 500 Euro. Man gönnt sich ja sonst nix.
Pfui Teufel.
„Was denken sich die Besitzer und Manager eigentlich?“, stöhnte Henry mehr oder weniger hetorisch. „Die denken nicht“, stellte Barbara fest. „Die rechnen.“
Wir mussten streiken wie schon lange nicht mehr. Die aus dem Lokalfunk standen reihum vor ihren Sendern, die aus dem WDR rauf und runter vor den Studios, und die kampfstarken Redaktionen ließen Funke wissen, was sie von einem Tarifflüchter halten – fast täglich wurde irgendwo die Arbeit niedergelegt. Zur Überraschung der Arbeitgeber, die „ihre“ Leute gerne für handzahme Schäfchen zur goldenen Rendite-Produktion halten. Der Stammtisch grinste: Die eierlegende Wollmilchsau kann durchaus auch mal die Sau rauslassen.
„Eines ist klar“, sagte Christian voller Frust und Enttäuschung. „Unsere Hochachtung vor Verlegern und Medienmanagern, früher weit verbreitet in Redaktionen, als sie noch dieselben Ziele hatten wie wir – sie schmilzt. Wie die Gletscher in der Arktis. Langsam, aber gefährlich.“||
Ein Beitrag aus JOURNAL 3/24, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im September 2024.