Wie geht es weiter mit der Finanzierung des öffentlich- rechtlichen Rundfunks? Und was tut sich im Bereich der werbefinanzierten Sender in NRW? Das diskutierte der Journalistentag am 29. November in Dortmund – in getrennten Panels, aber mit gleich großer Ernsthaftigkeit. Denn in beiden Säulen des dualen Systems sind große Herausforderungen zu bewältigen.

Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk näherte sich an diesem November-Samstag ein einschneidender Termin: Zwei Tage später würde der Reformstaatsvertrag in Kraft treten, der den Anstalten deutliche Sparanstrengungen auferlegt, während der Finanzierungsstaatsvertrag in der Warteschleife hängt (siehe Meldung Seite 31).
Das Podium zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk war hochkarätig besetzt: Heike Raab, Staatssekretärin im rheinland-pfälzischen Landtag und Koordinatorin der Rundfunkkommission der Länder (RFK) diskutierte mit Prof. Martin Detzel, Vorsitzender der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), und Prof. Christopher Buschow von der Hamburg Media School. Die Moderation übernahm Katrin Kroemer, Schatzmeisterin des DJV auf Bundesebene und stellvertretende Vorsitzende im ZDF-Fernsehrat.
Schwieriger Aushandlungsprozess
Die RFK sei eine „Verantwortungsgemeinschaft für Medienpolitik“, in der vieles ganz einvernehmlich laufe. Nur bei der Finanzierung sei es eben schwierig, erklärte Raab und erläuterte den schwierigen Aushandlungsprozess, den Medienstaatsverträge in Deutschland durchlaufen müssen. Für den Finanzierungsstaatsvertrag habe man verschiedene Modelle durchgespielt, etwa eine indexierte Erhöhung minus Rationalisierungsbeitrag und das Widerspruchsmodell, auf das man sich zum Schluss geeinigt hatte und das nun gescheitert ist. Einen Systemwechsel will die RFK nach Raabs Aussage erneut nach den kommenden Landtagswahlen angehen. Sie äußerte die Hoffnung, dass das System wieder zurückfinde zum „Primat des Politischen“ anstelle der Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht.
Fakten als Grundlage der Diskussion
Dass der mühsam gefundene Kompromiss dank Nicht-Umsetzung der KEF-Empfehlung und der folgende Verfassungsklage der Anstalten nicht mehr gesetzliche Realität werden kann, wollte der KEF-Vorsitzende Detzel nicht politisch einordnen: Das sei nicht seine Aufgabe, und die Diskussion führe auch „oft zu schnell auf einen engen Punkt“. Er wolle lieber die Daten und Fakten darlegen, weil diese die Grundlage für Handlungsfähigkeit seien.
Ständige Diskussionen über die Beitragsfestsetzung seien obsolet, betonte Detzel, denn der Prozess sei verfassungsrechtlich geklärt: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk müssen entsprechend seinem Auftrag auskömmlich finanziert werden. Den Kostenvergleich etwa mit der BBC sieht Detzel als nicht zielführend, weil diese nicht auf einem föderalen System basiere.
Auch die Reduzierung auf das Schlagwort Beitragsstabilität kritisierte Detzel – nicht nur, weil es bewusst die allgemeine Preissteigerung ausblende. „Der Beitrag steht ja am Ende des Prozesses. Es gibt Einflussfaktoren und -möglichkeiten, aber die an ganz anderer Stelle.“
Öffentlich-Rechtliche im „Zangengriff“
Medienwissenschaftler Buschow verwies in der Diskussion auf die demokratiepolitische Dimension von Journalismus. Zudem habe der öffentlich-rechtliche Rundfunk nachweislich positive Ausstrahlungseffekte auf das gesamte Mediensystem, weil er zu einer insgesamt höheren Nachfrage nach Medieninhalten führe. Allerdings sehen sich ARD, ZDF und Co. nach Einschätzung von Buschow gerade in einem „Zangengriff“: Zugleich mit den Angriffen auf die Finanzierung gebe es die auf die Inhalte, auf das Programm.
Wichtig sei, dass die Öffentlich-Rechtlichen ein Gesamtangebot schafften, betonte Buschow. Neben journalistischen Formaten und Information sei auch die Unterhaltung wichtig. Das habe sich mit dem Reformstaatsvertrag nicht geändert: Eine Stärkung von Personenmarken, wie Keynote-Speaker Thomas Knüwer es unter anderem vorgeschlagen hatte, sei durchaus ein guter Schritt. Es sei aber darauf zu achten, dass dadurch nicht die Medienmarken geschwächt würden.

Ein Thema, das – genau wie die Finanzierung – das gesamte Mediensystem betrifft, denn auch die Privatsender sowie Print- und Online kämpfen darum, ihre Marken präsent und im Bewusstsein des Publikums zu halten.
Privater Rundfunk unter Druck
Über den privat finanzierten NRW-Hörfunkmarkt zwischen Strukturwandel und Innovation diskutierten ein paar Räume weiter der CEO von The Radio Group, Tim Lauth, und der Head of Legal & Political Affairs und Head of NRW von Teutocast, Jan-Uwe Brinkmann mit Volkmar Kah, Geschäftsführer des DJV-NRW.
Wer jedoch bezeichnenderweise auf dem von Sascha Fobbe moderierten Panel fehlte, war ein Vertreter des krisengeschüttelten Lokalfunks NRW oder der Landesanstalt für Medien NRW als Aufsichtsbehörde. „Dass sich dort niemand für eine Teilnahme auf diesem Panel bereit erklärte, macht uns etwas ratlos“, bekannte Kah zu Beginn. „Wir haben das Gefühl, dass manche den Lokalfunk schon aufgegeben haben.“
Als junge Erfolgsgeschichte präsentierte dagegen Tim Lauth den Kauf von Antenne NRW durch The Radio Group im Juli 2025 als 19. Sender des in Kaiserslautern ansässigen Unternehmens. Übernommen hat es den ausschließlich über DAB verbreiteten Sender von der Antenne Bayern Group. Bereits jetzt schreibe man schwarze Zahlen mit Antenne NRW, sagte Lauth. Vier Fünftel des Umsatzes generiere sich aus dem Direktvertrieb mit lokaler und regionaler Werbung. „Die NRW-Berichterstattung wird 2026 ausgebaut“, kündigte der CEO an. Man strebe ein „organisches Wachstum“ an. Am Standort Köln beschäftige man derzeit ein Kernteam von fünf Beschäftigten.
Volkmar Kah erinnerte an die ursprünglichen Pläne, 50 Jobs bei Antenne NRW zu schaffen. Ein landesweiter Sender mit ganzen fünf Arbeitsplätzen – „da fragt man sich, wieviel Journalismus noch dahinterstecken kann“, fragte Kah. Lauth räumte ein: „Da muss noch mehr kommen, denn ohne Journalismus geht es nicht. Aber wir sind immer noch ein Start-up!“
„Antenne NRW wird nicht wegen Nachrichten gehört. Warum Radio angeschaltet wird, ist Musik!“, befand Jan-Uwe Brinkmann vom Content-Produzent und Audio-Vermarkter Teutocast aus Leipzig nüchtern. Der Volljurist hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in verantwortlichen Positionen unterschiedlicher Unternehmen im Radiomarkt in NRW – zuletzt war er Geschäftsführer der radio NRW GmbH in Oberhausen. Bei Teutocast bildet er die Schnittstelle zu Regulierungsbehörden und Medienpolitik und verantwortet als Head of NRW den Aufbau und die Entwicklung sämtlicher Audioangebote des Unternehmens im Land.
Keine echte Strategie erkennbar
Nach den Möglichkeiten zum Erhalt des Lokalfunks in NRW gefragt, sagte Brinkmann: „Wenn man das will, muss man sich alternative Finanzierungsmodelle überlegen. Und man muss sich fragen, wie man eine Marktöffnung schafft, die gesteuert ist – wie in Bayern.“ Allerdings könne er diesbezüglich in NRW keine echte Strategie der politisch Verantwortlichen erkennen, merkte Brinkmann an.
Obendrein sähen viele Verlage ihre Radiobeteiligungen nur als Nebengeschäft und seien in anderen Unternehmensbereichen erheblich innovativer als dort. Für kontraproduktiv hält er die Idee, aus Lokalradios quasi Regionalradios zu machen. „Die lokale Nähe und Identifikation ist das wichtigste Asset des Lokalfunks. Wenn ich das weg spare, habe ich ein Problem.“
„Eine Struktur, wie sie hier in NRW herrscht, steht sich selber im Weg“, befand auch Tim Lauth. Das stärkste Pfund, mit dem der lokale Rundfunk wuchern könne, sei doch das große Vertrauen der Hörerschaft in die Marke. Das bilde eine gute Basis für die Vermarktung. Einsparungspotenzial sieht er darin, Synergien zu nutzen und in Bereichen jenseits des Journalismus zu sparen. „Es ist wichtig, einen Sender so schmal wie möglich zu fahren.“ Insgesamt sei es für Antenne NRW einfacher, Neues auszuprobieren als beispielsweise für den WDR. „Wir sind die Kleinen und können deshalb ein bisschen mutiger und agiler sein“, sagte Lauth.
Mutiger werden!
Für Volkmar Kah ist klar, dass die Beteiligten bei den Innovationen im Rundfunkmarkt insgesamt „mutiger werden sollten“. Anstatt wie im Lokalfunk mit einem groben Hammer die Verbreitungsgebiete zu vergrößern, sei es besser, mit filigraneren Werkzeugen an den Stellschrauben im Markt zu drehen. „Wenn die LFM Rendite zum Maßstab macht, muss sie sich beim Gesetzgeber auch dafür einsetzen, Zugriff auf die Effizienz der wirtschaftlichen Säule zu bekommen. Ein Stichwort sind dabei Marktausschöpfungsquoten.“ ||
Ein Beitrag aus JOURNAL 4/25, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2025.