„Ho-ho-ho“, rief der auf seine Mehrsprachigkeit furchtbar stolze Osterhase die versammelten Fabelwesen zur Ordnung. Rund um sein Fest hatte er den Vorsitz im Klub. „Ruhe, Leute“, brummte Bigfoot, „der Eier-Mann hat uns was zu sagen.“ Heute ging es um die Aufnahme neuer Mitglieder.
Der Hase hielt seine Mümmel-Karotte hoch, bis alle still waren: „Ihr wisst ja, Springers Milliardär Döpfner hatte schon hintenrum den Weihnachtsmann und das Einhorn darauf angesprochen, seinen Zögling Reichelt in unsere Runde aufzunehmen.“ Weil der das letzte Durchblickwunder der Branche sei. Einer, der sogar nicht vorhandene Wahrheiten sieht und aus geschürten Emotionen lukrative Reichweite macht. „Leute aufpeitschen, um abzusahnen und Meinung zu machen,“ grübelten die Elfen, „das kann böse Geister wecken…“
Alle kannten Döpfners süße Verlockungen: Er hatte dem Weihnachtsmann eine Riesenkampagne („Volks-Weihnacht“) versprochen – und angedeutet: Seine Zeitungen könnten auch die Existenz des Einhorns anerkennen („Wir sind Einhorn“). Tja, Lobby, das kann er. Drohen auch: Er habe schon Anwälte und Propaganda-Assistenten auf die Fabelwesen angesetzt – falls sie seinen Schützling ablehnen.
Aber der Klub ließ sich weder von Zuckerbrot noch von Peitsche beeindrucken: „Wir sind doch keine Politiker!“ Vor allem die Nymphen, Feen und Meerjungfrauen protestierten vehement: „So ein Macho kommt uns nicht in den Klub. Der soll zu den Superhelden gehen, die suchen immer Bösewichte.“ Kichernde Kobolde warfen ein: „Kampfname: Testosteron.“ Die Heinzelmännchen berichteten allerdings, Wonder Woman habe bereits abgewunken: Kein Bedarf, man habe auf Jahre hinaus genug von solchen Kerlen.
Strikt gegen eine Aufnahme waren auch die mit so mancher Zeitung solidarischen Zombies: „Journalismus ist so viel mehr als Klicks, Kampagnen und Kohle scheffeln!“ Stimmt. Der Klabautermann legte nach: „Und wenn man sieht, wie bedrängt und bedroht viele Medienleute heute sind und welche Qualität sie trotzdem liefern, muss man einfach feststellen: Journalistinnen und Journalisten sind fabelhaft.“
Alle nickten. Der Klub fragte sich spontan: Könnten wir sie nicht alle, na ja fast alle, zu Fabelwesen machen? „Zumal sie dasselbe Problem haben wie wir“, sagte die Zahnfee und schmunzelte. „Nicht alle glauben ihnen. Oder an sie.“
Nur: Wie trennt man Gute von Bösen? Der Flaschengeist entkorkte die Lösung: „Fangen wir einfach mit denen an, die in der Gewerkschaft sind. Das sind Profis mit Solidarität.“ Die Arme, Pfoten, Hufe, Flossen, Flügel gingen hoch: einstimmig angenommen. Herzlichen Glückwunsch, liebe Leserinnen und Leser!/
Ein Beitrag aus JOURNAL 1/22, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im April 2022.