Wir lassen uns nicht von Bord werfen! Unter diesem Motto rief der Betriebsrat von DuMont Mitte Mai am Stammsitz Köln zu einer aktiven Mittagspause auf und war selbst überwältigt von der Resonanz, in der sich sowohl die Sorge der Beschäftigten als auch ihre Verbundenheit zum Haus ausdrückten. Ende Februar war durchgesickert, dass die DuMont Mediengruppe den Verkauf ihrer Zeitungssparte prüft, darunter Kölner Stadt-Anzeiger, Kölnische Rundschau und Express, Berliner Zeitung und Berliner Kurier, Mitteldeutsche Zeitung in Halle und Hamburger Morgenpost (siehe auch „DuMonts Suche nach der Zukunft“, JOURNAL 2/19). Näheres dazu will das Haus allerdings erst Mitte des Jahres bekannt geben.
Dementis und Vertröstungen
Eine Hängepartie für die Belegschaft, die aus den Medien mit Mutmaßungen gefüttert wird (siehe unten) und im Intranet nur Dementis der Geschäftsleitung zu lesen bekommt und auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet wird. Alle Versuche des Betriebsrats, über die Entwicklungen informiert zu werden, sollen bisher vergeblich gewesen sein.
Bei ihrer Versammlung forderten die Beschäftigten den Erhalt aller Arbeitsplätze und den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen. Die Eigentümer und CEO Christoph Bauer sollten ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden und die Interessen der Belegschaft berücksichtigen.
DuMont äußerte gegenüber der WDR-Lokalzeit, man habe Verständnis für die Verunsicherung der Beschäftigten und verband dies mit dem erneuten Verweis: Das Haus sei „in einem ausgangsoffenen Prozess, in dem wir alle Optionen prüfen“. Auch gegenüber dem Handelsblatt hatte Bauer Anfang April betont: „Der Prüfprozess ist nicht mit einem Verkaufsauftrag verbunden.“
Falls es zum Verkauf kommt, daran erinnerte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall Mitte Mai vor dem DuMont-Stammhaus, könne der im Kaufvertrag auch eine Arbeitsplatzgarantie enthalten. „Ein ordentlicher Investor, der wirklich ein gutes Blatt machen möchte und auf Qualitätsjournalismus setzt, wird das gerne unterschreiben.“
Auf einen solchen Investor hoffen inzwischen auch viele Redakteurinnen, Redakteure und Freie. Denn mit dem ganzen Prozess verbindet sich längst das Gefühl, bei den heutigen Eigentümern unerwünscht zu sein. Darauf hatte auch der DJV Ende April hingewiesen: Mit ihrer Informationspolitik mache die DuMont-Spitze „nur eines klar: dass sie keine Lust mehr hat, Zeitungen herauszugeben“. Zu wünschen sei, dass die Zeitungen und Portale künftig von einem Unternehmen mit verlegerischer Verantwortung geführt werden. Dazu gehöre auch, die Medienvielfalt zu erhalten und den möglichen Eigentümerwechsel nicht zur Medienkonzentration zu nutzen.
Viel Spekulation
Medienberichten zufolge sollen bereits unverbindliche Kaufangebote vorliegen – sowohl für das ganze Paket als auch für einzelne Zeitungen. Als Bieter auf das Gesamtpaket werden Madsack und Funke genannt. Wie groß deren Interesse wirklich ist, bleibt Spekulation. Mit 150 bis 170 Millionen Euro sollen diese Angebote jedenfalls deutlich niedriger liegen, als die Eigner es wohl erhoffen. Diese könnten den Mutmaßungen zufolge trotzdem geneigt sein, den niedrigeren Preis zu akzeptieren, wenn sie die Sparte dafür als Ganzes loswerden. Die gewöhnlich gut informierte Ulrike Simon berichtet bei Horizont, dass ein Berliner Mittelständler („mit verlegerischer Erfahrung, gut vernetzt in der Politik“) den Verlag dabei unterstützen könnte, indem er dem Käufer die unerwünschten Blätter für einen „symbolischen Preis“ abnähme.
Warnendes Beispiel USA
Ob bei DuMont auch andere, medienfremde Bieter vorstellig geworden sind? Das mag man aus der Tatsache herauslesen, dass der Kölner Stadt-Anzeiger Ende April ein Stück über die darbenden Regionalzeitungen in den USA veröffentlichte („Die Nachrichtenwüste“, seit 9. Mai auch im Netz zu finden). Darin berichtet Karl Doemens über den Medienkonzerns Gannett (USA Today), dem inzwischen rund 100 Lokalzeitungen gehören, bei denen er die Umfänge „radikal geschrumpft und massiv Personal abgebaut“ habe. „Doch nun könnte es noch viel schlimmer kommen“, heißt es in dem Text: „Gannett ist ins Visier des Hedgefonds Alden Global Capital geraten, der sich unter anderem auf das Ausschlachten krisengeschüttelter Zeitungen verlegt hat.“ Er ziehe die liquiden Mittel aus den Blättern ab, versuche, sie mit brutalen Kostensenkungsprogrammen ohne jegliches publizistisches Interesse profitabel zu machen. Vor allem aber schlachte er sie aus, indem er ihre Grundstücke und Immobilien verkaufe.
Man mag diesen Text vielleicht auch als leiseren Protest lesen – gegen die verlegerisch lustlosen Eigner, gegen die Bildung immer größerer Medienkonzerne, gegen den Verkauf von Zeitungen um jeden Preis.||
Ein Beitrag aus JOURNAL 3/19, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Juni 2019.