Schauen, wo die Fische sind

Kommentar Medienbildung und Nachrichtenkompetenz
17. Dezember 2020, Volkmar Kah

Ombudsleute, Leserbeiräte, Redaktion vor Ort, VHS-Kurse, persönliche Ansprache … Wenn ich mir die Konzepte unserer Branche angucke (siehe Titelgeschichte „Vertrauen zurückgewinnen“), fühle ich mich an den Filmklassiker „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erinnert. Die Schlagworte sind auch 2020 kaum andere als zur Jahrtausendwende, als wir dem damals schon signifikanten Leserschwund den Kampf ansagen wollten.

Nicht falsch verstehen. All das ist wichtig und richtig. Das hat den Journalismus sicher deutlich besser gemacht, ihn näher ans Publikum gerückt und geholfen, den einen oder anderen zu halten. Aber gleichzeitig haben wir – wie Marlis Prinzing richtig beschreibt – ein Drittel der Gesellschaft verloren. Das ist tragisch für die wirtschaftliche Zukunft der Journalistinnen und Journalisten, vor allem aber gefährlich für unsere Gesellschaft. Das wissen wir spätestens seit Pegida und spüren es gerade fast täglich.

Und was tun wir? Wir stehen weiter wie zwei Angelnde am Wasser und diskutieren, welchen der bisher mäßig erfolgreichen Köder wir nehmen. Dabei sind die Fische längst eine Bucht weitergezogen – außerhalb der Reichweite unserer Leine. Wir brauchen Boote und wir brauchen Netze – übersetzt: einen Perspektivwechsel, Innovation und Investition! Weil die Medienhäuser sich ja zunehmend aus allem zurückziehen, was Geld kostet, bedarf es neuer Partner.

Journalismus braucht in diesen Zeiten die Gesellschaft, um am Ende der Gesellschaft etwas zurückgeben zu können. Deswegen ist es unabdingbar, dass Politik in Medienbildung investiert (siehe dazu auch „Eine Querschnittsaufgabe“) und auch in Journalismusförderung. Aber auch wir müssen endlich raus aus unserer Blase – müssen schauen, wohin die Fische verschwunden sind. Und notfalls schwimmen lernen, um hinterher zu kommen. Das ist alternativlos – für den Journalismus und für die Gesellschaft. Insofern: Packen wir es an – am besten gemeinsam im DJV.||


Ein Beitrag aus JOURNAL 6/20, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2020.