MEDIENZIRKEL |

Medienschaffende besser schützen!

Bedrohung von Journalistinnen und Journalisten wird zum Dauerthema
17. Dezember 2020, MW

Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten „dürfen nicht zur Normalität verkommen. Die Kolleginnen und Kollegen brauchen die ihnen zustehende Unterstützung und Hilfe – und sie brauchen sie jetzt.“ DJV-NRW-Geschäftsführer Volkmar Kah fand bei einem Fachgespräch im Düsseldorfer Landtag am 19. November scharfe Worte. Eingeladen hatte der Ausschuss für Kultur und Medien zum Austausch über das Thema Schutz von Medienschaffenden. In den Tagen und Wochen vorher war es bei Demonstrationen gegen Coronamaßnahmen unter anderem in Leipzig und Berlin zu Übergriffen und zur Behinderung von journalistischer Arbeit gekommen.

Aber das ist keine neue Entwicklung. Todesanzeigen, Schläge, Bedrohung und der Verdacht auf Anthrax: Beim DJV-NRW häufen sich schon länger die Vorfälle, bei denen Journalistinnen und Journalisten zur Zielscheibe von Angriffen wurden. Es ist eine Liste, die betroffen macht. Und sie wird immer länger, „ohne dass sich etwas bewegt“, wie Kah der Politik attestierte: „Vor einem Jahr habe ich das erste Mal im Rahmen einer Veranstaltung Polizeischutz für einen Kollegen bestellen müssen. Geändert hat sich seitdem nichts.“

Screenshot, Foto: Jan Kopřiva
Screenshot, Foto: Jan Kopřiva

Bewegung könnte nun durch einen Antrag der SPD in die Sache kommen: Der fordert die Landesregierung auf, „Maßnahmen zu ergreifen, die die Medienschaffenden effektiver gegen Bedrohungen schützen“. Die SPD fordert darüber hinaus,, „in Zusammenarbeit mit journalistischen Fachverbänden und -vertretungen ein gemeinsames Konzept zu entwickeln, um die freie Ausübung der Berichterstattung zu garantieren“.

Diesem Vorschlag steht der DJV-NRW positiv gegenüber: Schon lange setzt sich der Landesverband für solche Konzepte ein. Die Politik muss nun ihrer Aufgabe nachkommen, fordert Kah: „Es muss jetzt endlich konkret werden. Jeder einzelne Angriff ist ein Angriff zu viel. Sofortiges und entschiedenes Handeln ist seitens der Politik unabdingbar.“

Polizei besser ausbilden

Deswegen sieht der DJV-NRW die Landesregierung in der Pflicht, ihrer Fürsorge gegenüber Pressevertreterinnen und -vertretern nachzukommen. Eine besondere Rolle spielt die Polizei. Es muss gewährleistet sein, dass Beamtinnen und Beamte fundiertes Wissen über die Rolle, Aufgabe und Rechte von Journalistinnen und Journalisten besitzen, fordert der DJV. „Dies muss nicht nur Teil der Ausbildung, sondern auch regelmäßiger Fortbildungen sein“, betont Kah. Es könne nicht sein, dass es Beamte gebe, die nicht einmal wissen, wie der bundeseinheitliche Presseausweis aussieht, der immerhin das Signum der Innenministerkonferenz trägt.

Auch der DJV-Bundesverband hat sich im November erneut mit der Bedrohung und Behinderung von Journalistinnen und Journalisten befasst. Anlass waren nicht nur die Vorfälle bei verschiedenen „Querdenker“-Demonstrationen. Zusätzlich deckte die taz Ende November auf, dass in Chatgruppen der Gegnerinnen und Gegner der Coronamaßnahmen mindestens eine „Feindesliste“ mit rund 170 Personen kursiert, die sich unter anderem gegen Antisemitismus und Rassismus engagieren – darunter sind auch Journalistinnen und Journalisten. Der DJV forderte die Ermittlungsbehörden auf, die Bedrohung durch sogenannte Corona-Leugner und die Querdenker-Bewegung endlich ernst zu nehmen. Darüber hinaus hat der DJV die Innenminister des Bundes und der Länder aufgefordert, ihre Polizeieinsatzkräfte nachdrücklich auf die berechtigten Berichterstattungsinteressen von Journalistinnen und Journalisten hinzuweisen.

Neue Verhaltensgrundsätze

Der Deutsche Presserat will zusammen mit seinen Trägerverbänden die bestehenden Verhaltensgrundsätze zwischen Polizei und Journalisten überarbeiten und hat den Innenministern einen entsprechenden Entwurf vorgelegt. Die bisherigen Regeln, die von beiden Seiten vereinbart wurden, stammen von 1993.

Zudem fordert auch der Presserat von der Polizei einen bessereren Schutz für Medienschaffende: „Es ist höchste Zeit, dass Journalistinnen und Journalisten bei Demonstrationen und Großveranstaltungen besser geschützt werden und ungehindert arbeiten können“, sagte der Sprecher des Presserats, Sascha Borowski.


Ein Beitrag aus JOURNAL 6/20, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2020.