Im Lokalen läuft es gerade nicht rund. Bei den Lokalradios rumpelt es ordentlich im Reformprozess – für einige Macher ist es keine Reform des Lokalen, sondern eine Abkehr davon, hin zu einem Radio der Region.
Für die Region gibt es ja eigentlich schon Angebote – sowohl im Radio als auch im Fernsehen, nämlich beim WDR. Aber auch da war die Stimmung schon mal besser. Denn die Lokalzeiten sind zwar das beliebteste Format im WDR-Fernsehen – aber es ist auch die teuerste Sendeminute, weil zur selben Zeit elf verschiedene Ausgaben ausgestrahlt werden.
Darum versucht der Sender hier gerade die Quadratur des Kreises: das beliebte Produkt ins Digitale zu überführen, aber dafür nicht mehr Geld auszugeben. Deswegen wird ein Teil der Beiträge über mehrere Lokalzeiten ausgespielt. Für´s Publikum bedeutet es, dass es auch Beiträge sieht, die nicht exklusiv von „ihrer“ Lokalzeit stammen. Diejenigen, die die Beiträge machen, bekommen vor Ort (und auch im privaten Umfeld) ungefragt mitgeteilt, dass das nicht allen in der Zielgruppe schmeckt.
Bei den Tageszeitungen kennen wir Konzentrationsprozesse und Mehrfachverwertungen am längsten. Die Rendite ist immer noch gut. Doch auch hier steht die Frage im Raum, wie lange die Kundschaft noch mitmacht, dass das Volumen „ihrer“ Zeitung mit Infos von „nebenan“ gehalten wird, während das eigene, direkte Umfeld weniger vorkommt.
Gleichzeitig haben die Verlage auch bei den Anzeigenblättern reduziert oder sie gleich ganz abgeschafft. Und städtische Newsrooms erzählen ihre Geschichten im Netz gleich selbst, da nur noch einer oder keiner mehr zu ihren Pressekonferenzen kommt.
Zwar versuchen Medienmenschen an einigen Orten, das journalistische Angebot zu unterbreiten, das ihnen selbst fehlt. Aber unterm Strich schrumpft der Umfang an lokaler Information. Dabei sollten alle Beteiligten – inklusive der Medienpolitik – das Thema Lokales ernster nehmen. Aus den USA liegen eindeutige Erkenntnisse vor: Da, wo Lokaljournalismus fehlt, sinken Wahlbeteiligung und Interesse an Politik. Dafür nehmen Korruption und Wirtschaftskriminalität zu. Das Vertrauen in alle Institutionen wird so erschüttert.
In der Analyse des Problems versteckt sich aber auch die Lösung: In Medienhäusern gibt es eine Hierarchie – das Hauptstadtthema ist wichtiger als das kommunale. Doch das ist die journalistische Denke. Das Publikum priorisiert oft anders. Und vor allem: Das Abstrakte aus den Parlamenten hat Folgen vor Ort. Oft kann man Politik oder Fehlentwicklungen da viel besser erklären, wo sich Leser, Hörerinnen und Zuschauende am besten auskennen.
Correctiv.Lokal hat das erkannt und liefert einen wichtigen Service für Redaktionen: Nicht das kurzatmige „Runterbrechen“ großer Themen, sondern die umfassende Recherche, die Beispiele vor Ort sucht. Denn wenn Kripo und Staatsanwaltschaft zu wenig Personal für CumEx haben, wie sieht das eigentlich mit anderen komplexen Verfahren in der eigenen Region aus? Spoiler: kein bisschen besser.
Medienhäuser müssen bieten, was die Gesellschaft braucht, um relevant zu bleiben. Und das ist nicht immer das, was Journalistinnen und Journalisten selbst für das Wichtigste halten. Außerdem haben Menschen in allen Ecken des Landes gute Information nötig und verdient.
Sie brauchen sie, um Entscheidungen fällen und sich eine Meinung bilden zu können. Und die Demokratie braucht sie, weil Gleichgültigkeit gefährliche Folgen hat. Medienmanager und -politikerinnen sollten sich dieser Verantwortung bewusst sein – und ihr gerecht werden.||
Ein Beitrag aus JOURNAL 3/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im September 2023.