Seit August 2017 ist Volkmar Kah Geschäftsführer des DJV-NRW. Er kam in unruhigen Zeiten: Sein Vorgänger musste im Frühjahr 2017 wegen Betrugsverdachts gehen. Mit dem neuen Kopf an der Spitze der Düsseldorfer Geschäftstelle ist wieder Ruhe eingekehrt. Ein besonderer Vorteil: Kah kennt den DJV-NRW aus fast 20 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit, sechs Jahre lang, von 2007 bis 2013, war er stell-vertretender Landesvorsitzender. Wo sieht er den DJV-NRW und die Branche? Welche Herausforderungen sind zu bewältigen? Darüber hat das JOURNAL mit ihm gesprochen.
JOURNAL: Der Sprung vom Ehrenamt ins Hauptamt gelingt ja nicht immer reibungslos. Hier lag eine vierjährige Pause dazwischen. Wie hat es geklappt, in die neue Rolle zu schlüpfen?
Volkmar Kah: Die Karenzzeit war tatsächlich wertvoll, weil ich andere Erfahrungen machen, andere Perspektiven finden konnte. Aber zugleich kenne ich die Aktiven auf Landes- und Bundesebene und konnte da anknüpfen. Beides zusammen hat mir geholfen, schnell und mit frischem Blick in die Arbeit einzusteigen.
JOURNAL: Wie steht der DJV in Bund und Land als Verband und Gewerkschaft da?
Kah: Er hat sich gemacht! Im DJV und besonders im DJV-NRW hat ein ordentlicher Modernisierungsschub stattgefunden. Gut so, denn das Umfeld wird ja bekanntermaßen in der ganzen Branche immer schwieriger. Dass Kolleginnen und Kollegen den Beruf aufgeben, merken wir an unseren Mitgliederzahlen. Gerade deswegen müssen wir gegensteuern und viele Menschen davon überzeugen, Mitglied zu werden!
JOURNAL: Wie machen wir uns am besten fit für die Zukunft?
Kah: Wir müssen weiter an unseren Strukturen arbeiten und vermehrt auch auf Kooperationen setzen – mit anderen Landesverbänden und dem Bund. Vieles lässt sich effizienter gemeinsam erledigen. Zugleich müssen wir unsere Leistungen auf den Prüfstand stellen: Wo müssen wir besser werden? Wir sind übrigens an vielen Stellen schon sehr gut. Manchmal waren wir aber bisher zu fein, das auch laut zu sagen. Unter anderem deswegen suchen wir gerade auch einen ausgewiesenen Marketingexperten.
JOURNAL: Wo ist denn Luft nach oben?
Kah: Wir müssen vor allem noch besser verstehen, was unsere Mitglieder von uns erwarten. Und dann schauen, wie wir das im Rahmen des Möglichen erfüllen können. Wichtig ist dabei, alle Mitgliedsgruppen im Blick zu behalten, die ja vielfältiger sind als in früheren Jahrzenten. Wir müssen potenzielle Mitglieder besser erreichen und überzeugen. Vielen ist gar nicht klar, dass sie im DJV richtig aufgehoben wären.
JOURNAL: Womit können wir punkten? In welchen Bereichen sind wir wirklich gut?
Kah: Wir können auf den Rechtsschutz und die Rechtsberatung stolz sein. Das bekommen wir von denen gespiegelt, die darauf zurückgreifen mussten. Gut läuft es auch in der Betreuung der Medienbetriebe, auch wenn das manchmal sehr kleinteilig ist und nach außen gar nicht soviel hermacht. Mit Veranstaltungen wie dem Journalistentag sind wir eine feste Größe in der Branche. Und dank dem JOURNAL mit seinem neuen Online-Auftritt, dank Social Media und Pressearbeit haben wir auch außerhalb der Mitgliedschaft eine prägnante Stimme.Was man von außen weniger wahrnimmt, sind die guten Kontakte in die Politik. Man hört uns zu, wir werden als Fachleute wahrgenommen und als legitime Interessenvertreter unserer Mitglieder. Das gilt hier in NRW gerade auch in Fragen der Medienpolitik (siehe auch Seite 38).
Und noch etwas macht den DJV-NRW in besonderem Maße aus – dass das Ehrenamt eine so wichtige Säule unserer Arbeit ist. Da sind viele engagierte Menschen aller Alters- und Berufsgruppen, die neben ihrer Erwerbsarbeit viel Zeit und Energie investieren. Das bietet auch – ganz modern – die Möglichkeit zum Mitgestalten.
JOURNAL: Stichwort Tarifarbeit. Wie sind Licht und Schatten da verteilt?
Kah: Die Tarifflucht der Medienhäuser ist ein großes Problem. Darin drückt sich Missachtung der Veranwortlichen aus – sowohl für das eigene Produkt wie für die Beschäftigten. Wir kämpfen für eine faire und angemessene Bezahlung journalistischer Arbeit, ob bei Freien oder Angestellten. Wenn es an die Tarifarbeit in den Häusern geht, sind wir als Gewerkschaft aber leider immer nur so stark, wie die Betroffenen im jeweiligen Betrieb mutig sind. Dass Belegschaften sich gegen Tarifflucht wehren können, zeigt das Beispiel der Rheinischen Redaktions-Gemeinschaft (RRG). Da ziehen die Beschäftigten weitgehend an einem Strang und haben einen hohen Organisationsgrad (siehe Seite 8).
JOURNAL: Es gibt ja immer mehr journalistische Arbeitsfelder komplett außerhalb tariflicher Strukturen, etwa bei Produktionsfirmen oder im Onlinebereich. Wie kann der DJV da helfen?
Kah: Neben unserer bewährten Rechtsberatung können wir zum Beispiel Öffentlichkeit schaffen. Und damit die Betroffenen ihre Rechte auch kennen, haben wir Seminare und Informationsveranstaltungen im Angebot.
Das Gespräch führte Corinna Blümel.
Volkmar Kah
… führt seit 1. August 2017 die Geschäfte des DJV-NRW. Kah hat in der Vergangenheit als Freier, als Redakteur und in Führungspositionen gearbeitet. Nach dem Volontariat bei der Westfälischen Rundschau hatte er dort verschiedene Positionen inne. Von 2014 bis Ende 2016 war er Leiter der Medienwerkstatt Ostalb GmbH & Co. KG in Aalen.
Seit 2009 vertritt er den DJV-NRW im Rundfunkrat des WDR. /cbl
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