MEDIENZIRKEL |

Bildjournalist soll für Räumung zahlen

22. Oktober 2021, cbl

Muss ein Journalist zahlen, wenn er bei der Bildberichterstattung über Besetzungen oder Demonstrationen im Rahmen eines Betretungsverbots geräumt wird? Das soll jetzt gerichtlich geklärt werden.
Über den zugrunde liegenden Fall hatte das JOURNAL bereits Anfang des Jahres berichtet („Wer darf eigentlich was?“, JOURNAL 1/21). Für einen Dokumentarfilm hatte der Bildjournalist David Klammer die Besetzung im Dannenröder Forst zwischen September und Dezember 2020 mit der Kamera begleitet. Als „Swing Force“ hatten sich Aktivistinnen und Aktivisten oben in den Baumwipfeln angeseilt, um die geplante Abholzung des jahrhundertealten Mischwalds in Hessen zu verhindern. Entstanden ist so der Dokumentarfilm „Barrikade“, der im November in den deutschen Kinos startet und bereits erste internationale Preise erhalten hat.

Weil Klammer, der unter anderem über die Kölner Agentur laif vertreten wird, im Dezember zweimal zusammen mit den Baumbesetzerinnen und -besetzern geräumt wurde, soll er nun mehr als 1 200 Euro zahlen. Dabei war er bei den Dreharbeiten nach eigener Aussage als Journalist erkennbar, hatte sich bei der Pressestelle der Polizei angemeldet und habe sich vor Ort auch gegenüber den Einsatzkräften kooperativ verhalten.

Nach Überzeugung von Klammer und seinem Anwalt, dem Düsseldorfer Medienrechtler Jasper Prigge, liegt in der Kostenforderung ein Verstoß gegen die Pressefreiheit. Mit Unterstützung von Freelens klagt der Bildjournalist und Dokumentarfilmer nun dagegen.

Unabhängig vom Ausgang des Prozesses stehen journalistische und polizeiliche Tätigkeiten bei der Berichterstattung über Protestveranstaltungen, Demonstrationen, Aktionen oder Besetzungen oft in einem Spannungsfeld. Die Polizei muss Gefahren abwehren und Straftaten verfolgen, aber zugleich muss sie sicherstellen, dass Journalistinnen und Journalisten den grundgesetzlich verankerten Anspruch auf freie Berichterstattung und Information auch vor Ort umsetzen können. Diese Abwägung gelingt Einsatzkräften erfahrungsgemäß nicht immer.

Der DJV setzt sich deshalb seit langem auf Landes- und Bundesebene für eine bessere Ausbildung von Polizistinnen und Polizisten in Sachen Pressefreiheit und Schutz von Medienschaffenden ein. Dabei geht zum einen darum, dass Einsatzkräfte den Presseausweis erkennen, den der DJV und fünf weitere Journalistenverbände im Auftrag des Presserats ausstellen. Zum anderen sollen Polizistinnen und Polizisten aber auch besser verstehen, was Journalistinnen und Journalisten warum machen. Um das Geschehen aus größter Nähe zu dokumentieren, kann es eben erforderlich sein, mit ins Baumhaus zu klettern. Denn journalistische Bilder und Dokumentarfilme sollen belegen und für andere nachvollziehbar machen, was geschehen ist./

 

Ein Beitrag aus JOURNAL 5/21, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Oktober 2021.