Sie möchten durchstarten – die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Journalistentags 2021, die sich an diesem frühlingshaften Samstag für eine der Sessions aus der gleichnamigen Serie entschieden haben. Durchstarten – sei es mit einem Podcast, in Sachen Ausbildung oder was die Arbeit als Journalistin oder Journalist betrifft. Die Serie, die die normalerweise eigenständige Präsenzveranstaltung #durchstarten ersetzt, richtet sich an den Nachwuchs – ob Studierende, Volos oder seit Kurzem im Beruf.
In der „Empowerment“-Session mit Anna von Garmissen geht es um die „gläserne Decke“, an die vor allem Frauen in ihrem Berufsleben oft stoßen. Entsprechend sind es vor allem die Journalistinnen, die über Zoom den Weg in den digitalen Konferenzraum gefunden haben – wenn die Technik es einigen anfangs auch schwer macht. „Der Host nimmt gerade an einem anderen Meeting teil“, wird angezeigt. Dabei ist Anna von Garmissen als Host längst im regen Austausch mit den Teilnehmerinnen. „Wenn Frauen in Teilzeit in den Beruf zurückkehren, arbeiten sie meist viel mehr, als sie müssen“, erklärt sie den Journalistinnen gerade.
Netzwerken und Weiterbildung
Zwar ist die geplante Kleingruppenarbeit aus technischen Gründen nicht möglich und auch Wortmeldungen per Mikrofon können nicht stattfinden, aber eine Diskussion kommt auch über die Chatfunktion in Gang. Etwa zum Thema Frauennetzwerke, die von Garmissen den Teilnehmerinnen neben Plattformen wie Xing und LinkedIn empfiehlt. „Ich finde es oft hilfreich, beides zu haben. Die geschützten, empowernden Frauengruppen und die gemischten“, bestätigt auch eine Teilnehmerin.
Und dann gibt Anna von Garmissen, die als freie Journalistin arbeitet, für ProQuote die jüngste Studie zur Geschlechtergerechtigkeit in Lokalredaktionenen auf den Weg gebracht hat (siehe Seite 18) und die für den DJV-NRW als Weiterbildungsbeauftragte tätig ist, den Kolleginnen noch einige Tipps mit auf den Weg: die Teilnahme an Mentoring-Programmen, Selbstvertrauen aufbauen sowie Feedback einfordern.
„Und Weiterbildung bringt einen immer voran“, erklärt sie. Prompt folgt die nächste Frage im Chat: „Aber was mache ich, wenn mein Arbeitgeber meine Fortbildungen nicht wertschätzt?“ „Ich glaube, an bestimmten Punkten muss man sich freimachen und selbst voranbringen. Aber es ist wichtig, dass man immer wieder versucht, den Arbeitgeber zu überzeugen“, sagt von Garmissen.
Gute Podcasts finden ihr Publikum
Überzeugen wollen auch die Teilnehmenden der nächsten Session. Und zwar mit einem eigenen Podcast. Im Gespräch mit dem Berliner Journalisten Frank Joung, der mit seinem Podcast „Halbe Katoffl“ eine „Gesprächsreihe mit Deutschen, die nicht-deutsche Wurzeln haben“ ins Leben gerufen hat, tauscht sich Nora Hespers, freie Journalistin und selbst erfahrene Podcasterin, darüber aus, was einen guten Podcast ausmacht, welche technischen Voraussetzungen gegeben sein sollten und wie man das Thema als Podcast-Neuling überhaupt anpackt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Session schalten sich per Chat dazu. Unter ihnen absolute Podcast-Anfänger und solche, die man vielleicht schon als alte Hasen bezeichnen könnte.
„Wie lang ist ein guter Podcast?“, poppt etwa die Frage im Chat auf. „Eine genaue Zeit kann man hier gar nicht nennen“, sagt Joung. Schließlich müsse es passen. Jemand, der gut und gerne spricht, könne auch einen langen Podcast planen. Auch, was das Thema eines Podcasts betrifft, wird schnell klar: Ein Patentrezept gibt es nicht. „Ich glaube, dass jeder Podcast eine Hörerschaft bekommen kann“, erklärt Hespers. Im Kommen sieht sie besonders Podcasts für Kinder. Und Joung hat noch einen Tipp in petto: „Fangt mit etwas an, was euch Spaß macht und was ihr durchhalten könnt.“
Reger Austausch in Kleingruppen
Am Nachmittag hat sich die Technik dann eingespielt. So kann die Session zur Zukunft des Journalismus mit Stanley Vitte gleich auch mit einer Umfrage starten, in der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für das Thema abstimmen können, das sie am meisten interessiert. Geld und Ausbildung stehen auf der Prioritätenliste ganz weit oben. Die Chancengleichheit muss den beiden Themen weichen. Wie sie aussehen kann, die Zukunft der Ausbildung, woran es aktuell mangelt, das lässt Vitte, Hochschulbeauftragter des DJV-NRW und seit Kurzem (wieder) als Redakteur, Trainer und Berater selbstständig, die Teilnehmenden in Kleingruppen erarbeiten. Kamera und Mikrofon werden eingeschaltet und nun bekommen die anderen, die zuvor nur im Chat geschrieben haben, ein Gesicht.
Der Austausch zwischen den Kolleginnen und Kollegen, die zum Teil gerade erst ihre Ausbildung hinter sich haben, und jenen, deren Volontariat schon eine ganze Weile zurückliegt, ist rege, und die zehn Minuten sind fast zu kurz. „Ich bin erstaunt, wie viel sich in den letzten Jahren geändert hat“, sagt eine Teilnehmerin, und ein Kollege ergänzt: „In der Ausbildung sollte die Rolle der Journalistin und des Journalisten vermittelt werden. Bei uns kam es sehr spät, dass man sich über die Rolle im System ausgetauscht hat.“
Beim späteren Gespräch in der großen Gruppe wird deutlich: Viele Kolleginnen und Kollegen wünschen sich straffere Rahmenbedingungen für die Ausbildung, die aber an aktuelle Gegebenheiten angepasst werden müssen. Das heißt etwa, den Onlinebereich stärker einzubinden. „Früh für den Journalismus begeistern“, ergänzt Stanley Vitte. Auch dies sei wichtig für die Zukunft der Ausbildung.
Von der Mitgliedschaft profitieren
Wie aber sieht es mit der fairen Bezahlung aus? Der Redebedarf der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist groß. Eine unfaire Bezahlung hat beinahe jeder oder jede schon erlebt. Was aber muss geschehen, damit dies anders wird? „Die Transparenz von Gehaltsstrukturen, eine Incentivierung positiven Zahlverhaltens durch eine Zertifizierung oder ein Label à la ‚Hier wird gut bezahlt‘“, schlägt Vitte vor und ergänzt: „Letztlich eine Stärkung der Gewerkschaften.“
Und was diese Gewerkschaft ausmacht und warum es Vorteile bringt, Mitglied im DJV zu sein, darum dreht sich die letzte #durchstarten-Session an diesem Tag. Rede und Antwort stehen dort Anna von Garmissen, Maren Letterhaus, Arne Pöhnert, Christian Weihe, Marie Kirschstein und Volkmar Kah.
„Was genau bringt dir die Mitgliedschaft im DJV?“, möchte Moderator Stanley Vitte von Pöhnert wissen. „Ein großes Netzwerk, Rechtssicherheit, die Möglichkeit, Dinge für den Berufsstand zu bewegen. Das macht einfach viel Spaß“, erklärt Pöhnert. Er arbeitet selbst als freier Journalist und Fotograf und setzt sich als Vorsitzender des Fachausschusses Junge Journalistinnen und Journalisten für die Belange junger Kolleginnen und Kollegen ein – eine Zielgruppe, die der DJV-NRW aktuell noch gezielter in den Blick nehmen möchte, wie Marie Kirschstein verrät. „Wir wollen dieses Jahr ganz besonders für junge Journalistinnen und Journalisten da sein“, sagt die Pressereferentin des DJV-NRW und gibt einen Einblick, wo der DJV überall aktiv ist.
Zum Beispiel auch in den Medienbetrieben. „Es gibt Betriebsgruppen, es gibt Betriebsratswahlen. Das ist unser Draht in die Geschäftsetagen, und so können wir Einfluss nehmen“, fasst sie zusammen. Dass der DJV sich aber nicht nur für junge Kolleginnen und Kollegen und für Journalistinnen und Journalisten in Medienbetrieben lohnt, zeigt Maren Letterhaus, Mitglied im Fachausschuss Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und festangestellte Pressesprecherin. „Für mich ist es sehr wichtig, das Netzwerk zu haben. Ich habe lange alleine gearbeitet. Als Pressestelle ist man häufig durchaus isoliert.“
Neben einem guten Netzwerk bietet der DJV auch Beratung, etwa in Rechtsfragen, wie Justiziar Christian Weihe erklärt. „Besonders häufig sind leider Urheberrechtsverletzungen“, erzählt er. Doch auch bei Honorarfragen unterstützt der DJV und setzt angemessene Vergütungen durch. „Da kann es ganz locker auch mal um einen sechsstelligen Betrag gehen“, sagt Weihe. Prompt folgt eine Frage aus der Community: „Gibt es bei euch auch eine Arbeitszeugnisberatung?“ „Die gibt es“, erklärt der Jurist.
Social-Media-Seminare als Renner
Ein Angebot, das ebenso gerne genutzt wird wie die Rechtsberatung, sind die Weiterbildungsveranstaltungen, wie die Bildungsbeauftragte Anna von Garmissen erklärt. „Sehr gut gefragt ist immer alles zu Social Media. Und den Podcast-Boom bemerken wir auch“, sagt sie und ergänzt: „Mit der Coronasituation stellen sich ganz neue Herausforderungen.“ So bietet der DJV etwa Weiterbildungen zum Thema Resilienz an und gibt Kolleginnen und Kollegen einen Überblick über journalistische Förderprogramme.
Einer, der diese Angebote zunächst selbst als freier Mitarbeiter einer Tageszeitung kennengelernt hat, ist Volkmar Kah – heute Geschäftsführer des DJV-NRW. „Ich glaube, der DJV ist für Kolleginnen und Kollegen der Begleiter durch ihr Berufsleben“, sagt er und wirft dabei auch einen Blick auf den eigenen Lebenslauf. „Ich habe verschiedene Arbeitgeber gehabt, verschiedene Auftraggeber, aber immer war der DJV an meiner Seite. Und wir haben für jede Lebenslage von Journalistinnen und Journalisten etwas parat.“||
Ein Beitrag aus JOURNAL 2/21, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im April 2021.