Muss man es wirklich intelligent nennen, wenn mit wahnwitziger Rechnerleistung Wörter oder Textbausteine aus dem Internet geklaut und wieder aneinander gereiht werden? „Zumal die Texte der generativen Schreibroboter dann oft hinten und vorne nicht stimmen“, stöhnte Katja. Ihr Job war es seit einiger Zeit, künstliche Artikel zu prüfen. „Irgendwie dusselig, ewig hinter der KI
herzurecherchieren“, gab sie zu. „Aber die Chefs wollen das noch so: Wenn es Fehler gibt, sollen letztlich wir die verantworten.“
Na, fein. Der Stammtisch kannte den Traum der Verleger: Roboter sollen die Lücken füllen, die ihre Rendite-Wünsche in die geschwächten Redaktionen geschlagen haben. Und Maschinen malochen ja klag- und anspruchslos.
„Und was machen wir?“ fragte Martina in die Runde. „Wir diskutieren endlos die neuesten Buzzwords und medientheoretische Auswirkungen. Aber wer prangert regelmäßig auf dem Wochenmarkt an, dass die einzige Lokalredaktion nur noch dreieinhalb Stellen hat? Wer sammelt Unterschriften gegen Tarifflucht, wie bei Funke und Radio NRW, und gegen Dumpinghonorare?“
Wir blickten uns ziemlich ratlos an. Ja, wer? Schon oft hatten wir uns vorgenommen, endlich mal mehr auf die Gewerkschaft zu hören. Die sagt: Wir sollten uns wehren. Was hielt uns nur ab? Gemeinsam hätten wir doch wirklich nichts zu befürchten. Für solche Kämpfe sollte es Roboter geben.
Denn zugegeben, als reines Werkzeug ist ein KI-Assistent grandios. Auch beim Schreiben. Das Zusammenklauben von Infos in Windeseile ist hilfreich. Aber erst das Auswerten und durchdachte Erklären macht Datenberge wirklich nützlich. Das müssen Journalistinnen und Journalisten machen: Herausfinden, was versteckt bleiben soll. Und kreativ so formulieren und präsentieren, dass alle es verstehen.
Und was tun ChatGPT und Konsorten, um Artikel oder Nachrichten zu entwerfen? Marie hatte so einen Textroboter auf dem Handy und erklärte: „Sie denken nicht, sie haben keine Meinung, sie haben keine Ahnung. Sie liefern letztlich zu einem Wort das nächste Wort, das richtig klingt und früher mal in diesem Zusammenhang im Netz verwendet wurde.“
„Peng!“
Wir feixten Richtung Maries Handy: Dieses nächste Wort haste wohl nicht vorhergesehen, künstliche Intelligenz, was?
„Bumm!“ schrieb die Software. Marie schaute nachdenklich: „Ich fürchte, die Textroboter wollen wohl auch das letzte Wort haben.“
Hans versuchte es nochmal: „Tarif retten!“ Die Software blieb ruhig. Wir seufzten. Es gibt noch Dinge, die müssen wir selbst erledigen. ||
Ein Beitrag aus JOURNAL 4/23, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im Dezember 2023.