Fluch, Segen oder mal so, mal so? Der Stammtisch diskutierte leidenschaftlich über KI. „In Italien gibt’s jetzt die erste gedruckte Tageszeitung, Il Foglio, die nur mit Künstlicher Intelligenz erstellt wird“, sagte Petra. „In England haben 1 000 Musikerinnen und Musiker ein Album ohne Ton herausgebracht – und viele Zeitungen erschienen mit Make-it-fair-Titelseiten“, erzählte Gregor. Protest der Urheberinnen und Urheber gegen Datenklau und durch KI.
Hardy meldete sich zu Wort. Wie immer, wenn er irgendwas Abgefahrenes aus dem Mediendschungel preisgeben will, wird er ganz leise. Wir kannten das schon. „Make boulevard great again“, flüsterte er. Wir ahnten: Jetzt kommt ein Knüller. „AfD-Fanboy Elon Musk kauft BILD“, wisperte Hardy. Und die stramm rechte WELT? „Die hat er sowieso
im Sack.“
Wir schauten ungläubig. Würde Mathias Döpfner das mitmachen? Er war doch angeblich gerade stinksauer, weil der orangefarbene US- Präsident den Springer-Ableger Politico als „linkes Schmierblatt“ bezeichnet hatte und sämtliche Abos kündigen wollte. Hardy nickte: „Aber Döpfner soll sofort alle Bedenken über Bord geworfen haben und für den Deal gewesen sein, als Musk-Freund Trump ihm versprach, seinen Traum vom größten digitalen Medienhaus in den USA zu erfüllen.“
Aber Hardy hatte noch mehr News. Die Süddeutsche, wo kürzlich gestreikt wurde, soll an Gewerkschaftshasser Jeff Bezos von Amazon gehen, die Zeitungen von Funke kauft Mark Zuckerberg von Meta, damit die Faktenchecks der Redaktionen endlich mal aufhören.
Der Stammtisch war sprachlos. Wir sehnten uns nach Faktenchecks. Aber damit sah es gerade schlecht aus. Erst stellen Facebook und andere die Kontrollierenden kalt und machen ihre Plattformen endgültig zur Spielwiese für Trolle, Manipulation und Desinformation. Und wenn dann noch die Zeitungen ausfallen… Hatte nicht gerade Jeff Bezos die Meinungsfreiheit seiner Washington Post beschränkt?
„Faktenchecker haben im Moment schlechte Karten“, meinte Friedhelm. Kollegen bei der rechtslastigen NZZ behaupten, dass sie „häufig gar keine Tatsachen prüfen, sondern Meinungen bewerten“. Ein Medienanwalt namens Steinhöfel nannte sie „staatlich unterstützte ideologisch kontaminierte Wahrheitsfinder“.
Hardy hatte immer noch die Milliardäre im Kopf: „Ich glaube, denen ist langweilig. Irgendwann kommen so Stinkreiche wohl auf die Idee, unsere Stammkneipe zu kaufen.“ Wir lachten. „Wenn die nicht nur die paar Fässer Bier im Keller kaufen, sondern auch noch eure Deckel übernehmen“, witzelte der Wirt, „dann habe ich ausgesorgt.“ Ha, ha. Sein Faktencheck empörte uns ein wenig. Sooo viele Deckel sind es nun auch wieder nicht.
Ein Beitrag aus JOURNAL 1/25 dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im April 2025.