SERVICE |

Richtig versichert, gut abgesichert

Welche Versicherungen für Journalistinnen und Journalisten wichtig sind
23. August 2021, Pascal Hesse
Helge Kühl ist Versiche­rungs­makler der DJV Verlags- und Service (V&S) GmbH. | Foto: privat
Helge Kühl ist Versiche­rungs­makler der DJV Verlags- und Service (V&S) GmbH. | Foto: privat

Egal, ob fest oder frei: Wer im Journalismus arbeitet, sollte seinen Versicherungs­schutz im Blick haben. Helge Kühl berät als Versicherungsmakler der DJV Verlags- und Service GmbH (V&S) DJV-Mitglieder unabhängig, ganzheitlich und kostenfrei. Sein Team versucht, kostengünstigen, bedarfsgerechten und auf jedes Mitglied und die individuelle Tätigkeit zugeschnittenen Versicherungsschutz aus einer Hand zu bieten. Im Gespräch mit dem JOURNAL erzählt Kühl, worauf es ankommt, um in allen Lebenslagen gut abgesichert zu sein.

JOURNAL: Herr Kühl, wenn ich überlege, welche Versicherungen es gibt, wird mir schwindelig: fürs Smartphone, die Brille, die Presseversorgung, die Künstlersozial­kasse (KSK) etc. Welche Versicherungen benötigen wir persönlich und mit Blick auf unseren Beruf wirklich?

Helge Kühl: Im Kern geht es um die Frage: Welche Versicherungen sind ganz wichtig, welche halb und welche überflüssig? Früher gab es Priorisierungslisten; heute gibt es dafür eine DIN-Norm, die DIN 77230. Ausgehend von einem typisierten Haushalt und der Idee, dass jeder eigenverantwortlich handeln, also möglichst nicht auf staatliche Transferleistungen angewiesen sein will, ist es hier gelungen, die Themen Absicherung, Vorsorge und Vermögensplanung ganzheitlich zu betrachten. Wir sichern GAU-Risiken zuerst ab, das heißt, wir priorisieren nach den größten anzunehmenden Unfällen.

Wer etwa ein Aufnahmegerät vom Sender zur Verfügung gestellt bekommt, will es oft versichern. Das Gerät kostet 1.000 Euro, das ist nicht wirklich ein Risiko. Stattdessen sparen die Journalistinnen und Journalisten vielleicht bei der Berufsunfähigkeitsver­sicherung (BU) oder der Haftpflicht. Wenn alle priorisierten Risiken abgesichert sind, dann kann man auch darüber nachdenken, das Aufnahmegerät abzusichern. Aber erst dann.

JOURNAL: Nehmen wir an, ich bin ein typischer Fall. Wo fange ich an, wo höre ich auf, wenn ich die Norm beherzigen will?

Kühl: Insgesamt enthält die Norm einen 42-Punkte-Plan, der natürlich eine Richtschnur ist. Im persönlichen Gespräch gehen wir auf die individuelle Situation ein. Grob gesagt ist es aber immer gleich: Oben steht das Kostenrisiko Krankheit, gefolgt vom allgemeinen Haftungsrisiko, dem Arbeitskraftverlust bzw. der Erwerbsunfähigkeit und der Berufsunfähigkeit.

Ebenfalls wichtig: Allgegenwärtige Risiken werden vor zukünftigen abgesichert. So steht die BU vor der Altersvorsorge. Und unvermeidbare Risiken kommen vor vermeidbaren Risiken. Sprich: Wenn ich einen Hund habe, brauche ich eine Haftpflichtversicherung für ihn; ich selbst brauche ebenfalls eine Privat­haft­pflichtversicherung für mich. Wenn ich aber nur 50 Euro habe, sichere ich mich ab. Den Hund kann ich, so schlimm das auch klingt, abgeben.

Dann gibt es in Deutschland einige versicherungspflichtige Risiken, die vor allen anderen kommen. So braucht jeder eine Krankenversicherung. Sie ist die wichtigste, und ich rate hier allen zur gesetzlichen. Freie haben das Glück, KSK-Mitglied werden zu können, und sollten dies tunlichst auch werden.

Das zweitwichtigste ist das allgemeine Haftungsrisiko. Eine Privathaftpflicht brauchen Freiberuflerinnen und Freiberufler genauso wie Angestellte. Bei Freien würde ich das berufliche Haftungsrisiko dazu packen, um das Risiko durch Personen- oder Sach­schäden in der beruflichen Sphäre zu begrenzen: etwa Leute beim Dreh umrennen oder Gegenstände beim Auftraggeber umschmeißen. Oder aber – und hier geht es um das Vermögensschadens­haftungsrisiko – bei Verletzungen von Persönlichkeits-, Wettbewerbs- oder Urheberrecht. Haftungsrisiken sind immer mit höchster Priorität abzusichern.

JOURNAL: Gut, jetzt bin ich krankenversichert, habe eine Privat- und eine Berufshaftpflicht und die Berufsunfähigkeit abgesichert. Wie geht’s weiter?

Kühl: Die Norm kennt drei Bedarfsstufen. Zunächst wird versucht, die Menschen im GAU-Fall aus Hartz IV zu holen und auf Mindestlohnniveau zu bringen. Als nächstes in der Priorisierung kommen die Themen Pflegegrundschutz und Todesfall, wenn Hinterbliebene zu versorgen sind, dann die Haftungsrisiken bei Auto, Tier, Haus- und Grundbesitz sowie Bau-, Gewässer- oder andere Schäden, die zum Beispiel aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage resultieren. Die Wohngebäudeversicherung und die Reisekrankenversicherung gehören ebenso zur Grundausstattung.

Dann geht es darum, Überschuldung zu vermeiden und erste Schritte zum Liquiditätsaufbau zu machen. Für normale Freie ist das oft schon schwierig. Danach versuchen wir, die Altersversorgung zumindest auf Mindestlohnniveau zu bringen – und im nächsten Schritt im Rentenalter den Lebensstandard zu erhalten. Das bedeutet bei Stufe zwei: 80 Prozent vom Nettoerwerbseinkommen. Wenn wir das geschafft haben, kommen wir auf Stufe drei und versuchen, Vermögen aufzubauen.

JOURNAL: Vermögen aufbauen klingt gut. Doch bei vielen reicht es ja noch nicht einmal für schwarze Zahlen auf dem Girokonto.

Kühl: Ich brauche immer eine freie Liquidität abseits vom Dispo, denn den kündigt die Bank gerne zuerst, wenn die Einnahmen ausbleiben. Bei Stufe eins sind das zwei bis drei Monatsnettogehälter. Liquiditätsreserve in Stufe zwei bedeutet: das Polster eines sechsfachen Monatsnettolohns. Das ist gerade für Freie wichtig. Erst dann widmen wir uns Themen wie Kinderinvalidität, dann wieder der Altersvorsorge und erst dann den Themen Hausrat oder Instandsetzungsrücklagen von Immobilien.

Liquiditätsaufbau geht also immer vor Altersvorsorge. Und eine Hausratversicherung ist zwar schön und gut, aber wenn der eigene Körper nicht abgesichert ist, hilft die im Ernstfall nicht viel. Wenn der Haushalt hin ist, fängt man halt mit gebrauchten Möbeln aus der Diakonie wieder an, ist aber nicht pleite. Und ein 3.000-Euro-Fahrrad lässt sich notfalls mit einem Secondhand-Rad für 20 Euro aus der Fundgrube ersetzen. Werde ich hingegen berufsunfähig, lässt sich das nicht mehr ausgleichen. Dagegen ist Rechtschutz relativ weit hinten priorisiert, die Kasko-Versicherung fürs Auto ebenso.

JOURNAL: Was kann ich noch für die gute Absicherung im Alter tun?

Kühl: Angestellte haben ihre Rente und oft die Presseversorgung, die vom Arbeitgeber bezahlt wird, vielleicht sogar eine Immobilie. Gut aufgestellte Freie haben die KSK und vielleicht auch eine private Absicherung. Doch dann gibt es die Freien, die kein Erbe zu erwarten haben, die zur Miete wohnen, wegen Corona von Auftragsrückgängen betroffen sind und trotzdem etwas fürs Alter tun wollen. Ob Riester oder die Basisrente später helfen, ist unklar. Wo also sollen sie das Geld hernehmen?

Sie können versuchen, mit Hilfe ihrer Arbeitskraft Einkommen zu erzielen, das unabhängig von ihrer Arbeitskraft ist, also sogenanntes passives Einkommen zu generieren: etwa einen kleinen Verlag aufbauen, eine Webseite erstellen, die Affiliate-Programme nutzt, oder einen YouTube-Kanal mit Tutorials, der nebenbei etwas Geld einspielt. Solche Ideen zu verfolgen, um die freiberufliche Tätigkeit entsprechend zu erweitern, kann sinnvoller sein als jede private Altersvorsorge, in die ich monatlich einzahle.

Auch Immobilien und Vermietung können bei der Absicherung fürs Alter eine zentrale Rolle spielen, wenn ich das Geld dafür habe. Dann gehen natürlich auch ETF-Spar­pläne und was sonst noch alles möglich ist. Aber damit muss ich mich auskennen, da muss ich mich reinarbeiten. Nur mit ungesundem Halbwissen agieren ist meist schlecht und kann im Desaster enden. Aber wer sich Mühe gibt, wird belohnt.

JOURNAL: Vielen Dank, Helge Kühl, für das informative Gespräch.||

Die Fragen stellte Pascal Hesse.

 

Ein Beitrag aus JOURNAL 4/21, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im August 2021.