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Ein erster wichtiger Schritt

Gemeinnütziger Journalismus: Steuerliche Besserstellung bringt noch keine Rechtssicherheit
12. August 2024, Corinna Blümel

Die Ampelregierung plant, den Rahmen für gemeinnützigen Journalismus zu verbessern, indem sie einen Passus in der Abgabenordnung ergänzt. Danach sollen Finanzämter Non-Profit-Journalismus künftig als „Förderung der Bildung“ einordnen können. Damit stünden den entsprechenden Projekten steuerrechtliche Erleichterungen zu.

Für nicht gewinnorientierte Journalismus-Organisationen bedeutet das allerdings noch nicht die ursprünglich versprochene Rechtssicherheit: Denn die Finanzämter hätten damit weiterhin einen Auslegungsspielraum, ob ein journalistisches Projekt dem Anspruch der Bildungsförderung gerecht wird. Für die Projekte bliebe ein Unsicherheitsfaktor erhalten. Der DJV und andere Träger des Forums Gemeinnütziger Journalismus fordern deshalb als nächsten Schritt ein Gesetz.

Forum Gemeinnütziger Journalismus
Seit Anfang 2021 setzt sich das Forum Gemeinnütziger Journalismus dafür ein, dass die Politik Rechtssicherheit für die Gemeinnützigkeit schafft. Zu den Trägern des Vereins gehören gemeinnützige Medienprojekte wie Correctiv, Hostwriter, Investigate Europe, Kontext-Wochenzeitung, Finanztip und netzpolitik.org, aber auch Organisationen wie DJV, dju, Netzwerk Recherche und mehrere Stiftungen.

Mehr versprochen

Zu den Aufbruchsignalen im Koalitionsvertrag der Ampelparteien gehörte 2021 unter anderem das ausdrückliche Versprechen: „Wir schaffen Rechtssicherheit für gemeinnützigen Journalismus.“ Nachdem lange nichts passierte, wurden im Juli entsprechende Pläne der Bundesregierung bekannt.

So prüft das Bundesfinanzministerium nach Informationen von epd Medien derzeit eine Ergänzung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung. Aus dem Entwurf zitiert epd: „Nicht gewinnorientierte Journalismus-Organisationen verfolgen in der Regel die Förderung der Bildung (Paragraf 52, Absatz 2, Nummer 7 AO), indem sie insbesondere durch Wissensvermittlung, Aufklärung sowie Nachrichtenaufbereitung oder -beschaffung der Allgemeinheit Informationen zur Verfügung stellen.“ Dazu gehöre auch die parteipolitisch neutrale Mitwirkung an der Meinungsbildung.

Da es sich um eine kleinere Maßnahme im Steuerbereich handele, sei ein förmlicher Kabinettsbeschluss für diese Ergänzung nicht erforderlich, wohl aber eine Abstimmung mit den zuständigen Ressorts sowie mit den Bundesländern, berichtet epd Medien.

Wird der Anwendungserlass in Kraft gesetzt, sollen Finanzämter Non-Profit-Journalismus künftig nach einheitlichen Kriterien als „Förderung der Bildung“ einstufen können. Die steuerrechtlichen Erleichterungen würden denen entsprechen, die auch für andere gemeinnützige Organisationen gelten.

DJV: Es braucht ein Gesetz

Der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster lobte das Vorhaben, wies aber auch darauf hin, dass ein solcher Anwendungserlass jederzeit widerrufen werden könne. Zudem bleibe es mit dieser Regelung letztlich im Ermessen der Finanzämter, ob ein Medium als gemeinnützig eingestuft wird oder nicht. Nach Überzeugung des DJV und zahlreicher anderer Medienorganisationen schafft nur ein Bundesgesetz Rechtssicherheit für gemeinnützig arbeitende Redaktionen. Gemeinnütziger Journalismus sollte also nicht unter Bildungsförderung gefasst werden, sondern als eigenständiger gemeinnütziger Zweck in § 52 Abgabenordnung verankert werden.

Dafür wirbt unter anderem auch Reporter ohne Grenzen und erinnert die für Medien- und Finanzpolitik zuständigen Abgeordneten in einem offenen Brief daran, dass die schwierige finanzielle Lage des Journalismus, vor allem in ländlichen Regionen. Neben öffentlich-rechtlichen und privat finanzierten Medien seien „journalistische Medien ohne Gewinnerzielungsabsicht, Community-Medien oder journalistische Start-ups wie Krautreporter, Correctiv, Katapult oder Investigate Europe wichtiger Teil einer pluralistischen Medienlandschaft“.

Ein echter Gewinn wäre die rechtssichere Gemeinnützigkeit auch für exiljournalistische Projekte, die sich von Deutschland aus an ein Publikum in Ländern wie Russland richten, wo es keine freien Medien mehr gibt. Derzeit sind viele von ihnen dauerhaft auf Fördergelder der Bundesregierung angewiesen.

BDZV ist kritisch

Kaum überraschend, dass der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) den Plänen zur Einführung eines gemeinnützigen Journalismus kritisch gegenübersteht. Die Verlage fürchten einen „Zwei-Klassen-Journalismus“, wie die Sprecherin des Verbands, Anja Pasquay, dem epd sagte: Schon die Unterscheidung zwischen gewinnorientiertem Journalismus, und jenem, der mit staatlichem Siegel gemeinnützig agiere, sei eine Diskriminierung. Zudem sehen die Verleger in dem Vorstoß jetzt einen Eingriff in den Markt des bestehenden Journalismus. Weil der gemeinnützige Journalismus die eingeworbenen Spenden nicht versteuern müsse, hätten sie per se einen Steuervorteil.

Dabei werben die Medienhäuser selbst seit Jahren intensiv für eine staatliche Unterstützung in Form einer Zustellförderung. Zusätzlich brachten sie den völligen Verzicht der bisher schon reduzierten Mehrwertsteuer in Spiel. Beides ist in dieser Legislaturperiode wohl nicht mehr zu erwarten, auch wenn Bundesfinanzminister Christian Lindner im Mai zugesagt hat, die staatliche Zustellförderung von Presseprodukten weiter zu prüfen.

Dem Argument, dass gemeinnütziger Journalismus noch bestehenden Lokal- und Regionalzeitungen Konkurrenz mache und damit die Medienvielfalt gefährde, widerspricht das Forum Gemeinnütziger Journalismus: „Gemeinnütziger Journalismus kann nur da funktionieren, wo der Markt versagt“. Nur dann seien Menschen bereit, für ein Medienangebot zu spenden. „Solange Medien – vor allem im lokalen Raum – funktionieren, haben gemeinnützige Organisationen keine Chance sich zu etablieren.“ In diesem Sinne fülle der gemeinnützige Journalismus Lücken und sorge so für Vielfalt.||