THEMA | Sportjournalismus

„Prozess der kreativen Zerstörung“

Muss der Sportjournalismus sich ändern?
30. September 2022, Dr. Christoph Fischer
Wie schauen Medien auf den Sport und was muss sich ändern? Beim Media Day am 16. Juli 2021 stellen Spieler und Betreuer vom VfL Bochum 1848 sich den Kameras.
Wie schauen Medien auf den Sport und was muss sich ändern? Beim Media Day am 16. Juli 2021 stellen Spieler und Betreuer vom VfL Bochum 1848 sich den Kameras. Foto: picture alliance / RUHR-FOTO | RUHR-FOTO / Dennis Ewert

Der Kollege Michael Angele hat ein wunderbares Buch geschrieben. Es ist kein ganz neues Buch, aber wenn einst das letzte Exemplar einer gedruckten Tageszeitung vergilbt und zerfallen sein sollte, wird man sich an dieses Buch vom „letzten Zeitungsleser“ erinnern.

Angele setzt der „Lebensform Zeitung“ ein Monument. In gelegentlichen Phasen beruflicher Frustration lese ich in diesem Buch, am liebsten, was Angele über Thomas Bernhard schreibt, der ein fanatischer Zeitungsleser war, ein Zeitungssüchtiger, für Bernhard waren Zeitungen existenziell. Und dann weiß ich, dass die Zeit, in der das letzte Exemplar einer gedruckten deutschen Zeitung zerfällt, nie kommen wird.

In Angeles Buch bekennt sich auch Claus Peymann nicht nur zur Tageszeitung, sondern ausdrücklich auch zur Sportberichterstattung, insbesondere zu der der Süddeutschen Zeitung („nach wie vor Weltklasse“). Der stilprägende Theatermann (damals in Bochum: wer erinnert sich?) liest außerdem jeden Tag die Berliner Zeitung, das Neue Deutschland und die Frankfurter Allgemeine Zeitung, morgens das Feuilleton, nachmittags den Sport, von Bedeutungsverlust kann keine Rede sein. Oder ist die Tageszeitung nur noch etwas für Intellektuelle?

Romantik, Überzeugung, Optimismus

Das Bekenntnis zur Zukunft der Sportberichterstattung und der Tageszeitung, das hat vermutlich zu gleichen Teilen mit Zeitungsromantik, Überzeugung und Optimismus zu tun und soll kein Mutmacher für einen Werkstattbericht sein, sondern ein Statement. Oder um es mit der Kollegin Bascha Mika zu sagen, seinerzeit noch Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau, weil man es besser nicht sagen kann: Die hintergrundorientierte, einordnende und kommentierende Tageszeitung wird erst noch zum modernen Kulturgut, auf das niemand, der umfassend informiert sein will, wird verzichten können.

Was für die Tageszeitung gilt, gilt für den schreibenden Journalismus, selbstredend für das Ressort Sport in der Tageszeitung, nicht aber für das Fernsehen oder den Hörfunk. Dort ist die Sportberichterstattung an anderen Kriterien orientiert, verfolgt andere Ziele, entsteht unter anderen Bedingungen und ist an andere Rezipienten gerichtet. Selbst für die Tageszeitung gilt, dass die Sportberichterstattung letzten Endes anderen Bedingungen folgt als die Politik-, die Kultur-, die Wirtschafts- oder die Lokalberichterstattung. Um die klassischen Ressorts zu nennen.

Die thematische Frage, ob wir einen neuen Sportjournalismus in der Tageszeitung Print wie Online brauchen, beantworte ich heute eingeschränkt mit: Ja. Wir brauchen vielleicht keinen neuen, einen anderen Sportjournalismus brauchen wir auf jeden Fall. Weil sich die Bedingungen für Sportjournalistinnen und Sportjournalisten dramatisch verändert haben – und das nicht nur durch die Coronakrise.

Der Blick zurück

Erfahrene Kolleginnen und Kollegen schwärmen von früheren Zeiten. Die alten Anekdoten hört man immer wieder gern, auch, weil sie von der Nähe zeugen, als bei Fußball-Weltmeisterschaften Sportteams und Berichterstattende noch gemeinsam in einem Hotel wohnten.

Es waren die Zeiten, in denen Sportjournalismus wichtiger wurde, weil seine unterhaltenden Elemente, die immer offensichtlich waren, auch für spürbare Umsatzsteigerungen in den Zeitungshäusern sorgten. Die Sportredaktion des Hauses wurde personell ausgebaut, verließ ihre Außenseiterposition, weil der früher oft belächelte Sport in den Tageszeitungen mehr Raum einnahm. Der Sport rückte auf die Titelseiten, und wenn einer aus dem Sport in der Konferenz seinen Mund aufmachte, hörte man der Kollegin oder dem Kollegen auf einmal zu. Wir interpretierten das als den steigenden Stellenwert in der Redaktionshierarchie.

Es waren die Zeiten, in denen nicht nur in den Städten Nordrhein-Westfalens mehrere Zeitungen um die Vormacht vor Ort stritten, man denke nur an Metropolen des Ruhrgebiets wie Essen oder Dortmund – oder an Köln oder Düsseldorf. Eine Geschichte vor der Konkurrenz zu haben war wichtig; wer sie verpasste, hatte ein Problem.

Der Sport wuchs zum Business, der Fußball zum Milliardengeschäft. Wir glaubten an Expansion, wir glaubten an eine Chance für den „kritischen Sportjournalismus“, es war, als wären neue Zeiten angebrochen. Wir glaubten auch an die Chance der Lokalsportberichterstattung, weil wir vom gesellschaftspolitischen Faktor Sport überzeugt waren.

Wer in das Rad greift, klemmt sich die Finger

Zwei, drei Jahrzehnte ist das erst her. Haben wir im neuen Jahrhundert die Orientierung verloren? Harald Pistorius, langgedienter Sportredakteur der Neuen Osnabrücker Zeitung, widerspricht: „Alles hat seine Zeit, der Sport hat sich verändert, der Journalismus, darin liegt eine gewisse Zwangsläufigkeit, die sich nicht stoppen lässt. Wer in das Rad greift, klemmt sich die Finger.“ Kann man so sehen.

Harald Pistorius, Sportredakteur der Neuen Osnabrücker Zeitung
Mit dem Sport verändert sich auch der Journalismus, meint Harald Pistorius, Sportredakteur der Neuen Osnabrücker Zeitung, | Foto: Helmut Kemme

Die Entwicklung im Tageszeitungsjournalismus war und ist sprunghaft. Mit Hochgeschwindigkeit dem Untergang entgegen, sagen die einen, die anderen: Die neue Konjunktur steht bevor, die neue Tageszeitung wird eine andere, aber sie wird eine erfolgreiche sein.

Mit den Zeiten ändern sich die Dinge und mit ihnen die Menschen. Die Digitalisierung veränderte die Art, wie Menschen Medien nutzen, dramatisch. Die Digitalisierung verändert Rezeption, Recherche und Produktion, der Strukturwandel des Journalismus betrifft dabei aber in erster Linie die Tageszeitungen. Medienunternehmen und ihre Protagonisten müssen den Anspruch haben, neue Trends und den damit verbundenen Wandel mitzugestalten – ohne sich zum Sklaven dieses Trends machen zu lassen und ohne die klassische Mediennutzung aus dem Auge zu verlieren. Das verlangt schon allein die demografische Entwicklung der Gesellschaft. Klassische Mediennutzung zu vernachlässigen würde für Tageszeitungen bedeuten, einen Teil der Kundschaft nicht mitzunehmen – und auch 2022, nota bene, noch eine wesentliche Einnahmequelle zu ignorieren.

Was nichts an den bestehenden Verhältnissen ändert. Auflagenverluste, Anzeigenrückgänge, Zusammenlegung von Redaktionen, Personalreduzierung, schwierige Arbeitsbedingungen, Datenfluten im Internet, auch die Prognosen aus der Medienwissenschaft klingen wenig optimistisch.

Die Tageszeitungen in Deutschland
Die Tageszeitungen erreichen nach aktuellen Angaben des Verbands Deutscher Zeitungsverleger und Digitalpublisher (BDZV) 54 Prozent der über 14-Jährigen. 23,6 Prozent der über 16-Jährigen nutzen regelmäßig die digitalen Angebote der Tageszeitungen. 35,4 Millionen Menschen oder 50,1 Prozent der Bevölkerung lesen täglich eine Zeitung, die aktuelle Reichweite liegt bei 38,1 Millionen. Mit 29,4 Prozent bilden die Regionalzeitungen weiter den reichweitenstärksten Zeitungstyp. Printausgaben bleiben ein stabiler und unverzichtbarer Garant für Informations- und Meinungsvielfalt, erklärt der Verband.

„Wir befinden uns im optimalen Fall in einem Prozess der kreativen Zerstörung. Alte Muster funktionieren nicht mehr, also müssen neue Ideen geschaffen werden. Es bedarf qualitativ hochwertiger Berichterstattung, die dem Kunden einen Mehrwert bietet“, sagt Dr. Christoph Bertling vom Institut für Kommunikations- und Medienforschung der Deutschen Sporthochschule Köln. „Es kann im Sportressort weiter Spiel- und Eventberichterstattung geben, doch der Mehrwert ist gering. Deshalb sollte man diese verringern. Dann ist der Sportjournalismus zwar nicht mehr so lukrativ für Medienhäuser, aber eben die einzig verbleibende kritische Instanz.“ Was seine originäre Aufgabe ist. Den Wettlauf um die Aktualität kann die Tageszeitung ohnehin nicht mehr gewinnen.

Dr. Christoph Bertling, Institut für Kommunikations- und Medienforschung der Deutschen Sporthochschule Köln
Kritischer, hintergründiger Sportjournalismus kann Mehrwert schaffen, meint Dr. Christoph Bertling, Institut für Kommunikations- und Medienforschung der Deutschen Sporthochschule Köln. | Foto: privat

Dass aber die Tageszeitungen verschwinden, glaubt auch die Wissenschaft nicht. „Ein Medium verschwindet nie, es unterliegt lediglich Schwankungen. Welche Position die Tageszeitung erhält, hängt allein davon ab, welchen Mehrwert sie für Menschen kreiert. Der Sportjournalismus hat die große Chance, durch kritische, hintergründige Berichterstattung diesen Mehrwert zu schaffen. Das wenig kreative Ausblutenlassen von Personal und Finanzen ist jedenfalls kein probates Mittel“, sagt Bertling.

Die Zeitungen in Deutschland haben mehr Leserinnen und Leser als jemals zuvor (siehe Kasten unten), gleichzeitig aber ist die wirtschaftliche Lage angespannt bis schwierig. Die digitale Transformation führte zu einschneidenden Veränderungen in den redaktionellen Produktionsbedingungen, Journalismus in starren Ressortgrenzen wird zunehmend schwieriger, ohne die Fach- und Vermittlungskompetenz der Ressorts aber aufgeben zu können. Die ersten Konferenzen des Tages dienen nicht mehr der Festlegung der Inhalte der aktuellen Tageszeitungsausgabe, sondern der Online-Ausrichtung. Und wenn die Online-Möglichkeiten im Tagesverlauf durchgespielt sind, mündet alles als rezipienten- und themenorientierte Gesamtschau im Produkt Tageszeitung.

Im Idealfall. Hochleistungsjournalismus auf allen relevanten Ebenen – Online und Print – von morgens bis abends an jedem Tag der Woche.

Perspektiven der Sportberichterstattung

Was weiter gilt und immer gegolten hat: Wer 2022 gute Geschichten will, muss Zeit für die Recherche haben, gute Kontakte besitzen und ausreichend Zeit haben, sie zu nutzen. Kleiner Hinweis am Rande: Früher hatten die Clubs der Fußball-Bundesliga einen einzigen Pressesprecher, inzwischen arbeiten dort personalintensive Medien- und Kommunikationsabteilungen, eine Entwicklung, die nicht zu kritisieren ist. Aber es ist eine Entwicklung, die journalistische Recherche einschränkt. Nicht selten, dass man ein zur Autorisierung eingereichtes Interview nach Bearbeitung durch diese Abteilungen nicht mehr wiedererkennt. Damals meldeten sich Wolfgang Overath oder Uli Hoeneß persönlich am Telefon, wenn sie mit irgendetwas nicht einverstanden waren. Heute der Kommunikationsdirektor.

„Es bleibt ein grundlegendes Problem der Branche, dass Vereine die Möglichkeit der Medienschaffenden einschränken, mit guter, sauberer Arbeit authentisch zu berichten“, sagt Harald Pistorius. Warum? „Zitate werden kontrolliert, der direkte Kontakt zu Akteurinnen und Akteuren beschränkt, und hinter den vereinseigenen Medien stehen die Kolleginnen und Kollegen zurück, die von jedem Testspiel berichten, sich Wissen, Kontakte und Vertrauen aufgebaut haben, davon aber nicht mehr profitieren, weil sie in einem starren System eingeengt sind.“ Seine Mahnung: „Einfach mal einen Konflikt aushalten – das wäre schön. Journalismus ist nicht gut, wenn er besonders streng kontrolliert wird. Wir dürfen nicht damit zufrieden sein, ein Umschlagplatz für vorgefertigte Stellungnahmen zu sein, wir müssen mit den

Leuten selbst reden, Nachfragen stellen können. Wir müssen versuchen, Kontakte im Rahmen unserer Möglichkeiten zu erhalten, das führt zu beiderseitigem Verständnis und nutzt am Ende allen.“ Besser kann man das kaum sagen.

Das bestätigt auch die Wissenschaft. So sagt Bertling: „Seit Corona ist die Situation sehr schwierig geworden. Sportorganisationen betreiben Message Control, um ein bestmöglich zu vermarktendes Image zu kreieren. Die Organisationen agieren unternehmerisch, und der Sportjournalismus hat es trotz zugespitzter Situation nicht geschafft, sich zu lösen. Die Sportredaktionen spielen dieses Spiel bisher notgedrungen mit, um irgendwie Reichweite generieren zu können. Obwohl sie zunehmend Quellen und Hintergründe nicht einordnen können. Da ist eine klare Trennlinie erforderlich, es braucht viel Mut, da neue Ansätze zu finden, die in aller Regel weniger profitabel sind.“

Sport ist und bleibt ein Nischenprodukt, sagte ein ehemaliger Chefredakteur von mir. In meiner eigenen Zeit als Chefredakteur habe ich das nie gesagt. Weil ich nicht glaube, dass es zutrifft, auch, wenn man berücksichtigen muss, dass der Sport weiter zunächst auf sein Stammpublikum zählen kann. Aber in Zeiten knapper finanzieller und personeller Ressourcen wird es naturgemäß schwer, selbst alte Standards zu halten oder gar auszubauen. Und die Frage ist, ob es sinnvoll ist, sich um diese Standards noch zu bemühen?

Dem Wandel verweigert

Man hat sich lange dagegen gewehrt, Tabellenseiten zu reduzieren. Selbst noch zu dem Zeitpunkt, als jede Leserin und jeder Leser diese Tabelle schon im Internet gesehen und bewertet hatte. Und wenn dann auch die Texte vor allem im Lokalsport letztlich nichts anderes leisteten, als die Tabellensituation zu beschreiben, und kaum von Texten zu unterscheiden sind, die heute automatisch mit Künstlicher Intelligenz generiert werden können (vgl. dazu „Der Kollege ist ein Roboter“, JOURNAL 6/19), dann muss sich niemand ernsthaft wundern, dass diese Texte nicht mehr gelesen werden.

Auch die Vereine vor Ort beschweren sich über zweitklassige respektive kaum vorhandene Berichterstattung – und versuchen, auf lokaler Ebene irgendwie Aufmerksamkeit zu erlangen. Landesliga-Clubs stellen inzwischen Stimmen zum Spiel selbst ins Internet. Bertling: „Über eine qualitativ hochwertige, auch kritische Berichterstattung wären viele Vereine auf lokaler Ebene froh.“ Aber diese Berichterstattung müsste eben anderen Kriterien folgen als die bisher realisierte. Vielleicht auch eine Chance für eine anders orientierte (lokale) Sportberichterstattung?

Die aktuelle Sportberichterstattung ist Onlineberichterstattung. Wir haben schon früher gesagt, dass das Bundesligaspiel vom Samstag am Montag niemand mehr wirklich interessiert. Im Internetzeitalter gilt das erst recht, auch wenn es die Gewohnheiten alter Leserinnen und Leser nicht unbedingt aufbricht. Man muss heute stärker nach Zielgruppen unterscheiden, ein Produkt für alle gibt der Markt der Sekundenbruchteile nicht mehr her.

Investment-Denken verstärken

Der aktuelle Spielbericht aus der Fußball-Bundesliga steht im Internet, gelesen wird der nachgedrehte Text – und in der Tageszeitung der Text, der ein bestimmtes Merkmal des Spieles näher analysiert und beschreibt. Entweder ist das eine herausragende Person oder eine herausragende Begebenheit, jedenfalls etwas, das sich unterscheidet. Und diese Analyse muss journalistisch der stärkste Text sein. Eigentlich Binsenweisheiten, sagen die Kolleginnen und Kollegen. Aber wird es im Alltagsgeschäft realisiert?

Wo ist die Geschichte, die sich wirklich unterscheidet, wo ist die Geschichte hinter der Geschichte? Und wer und wie soll sie bei dramatischer Personalsituation realisieren?

Medienwissenschaftler Bertling empfiehlt das „Investment-Denken“ zu verstärken: „Aus drastischen Sparmaßnahmen entwickelt sich nichts – außer schlechterer Berichterstattung und verwaisten Redaktionsräumen. Hintergrundberichterstattung kostet Geld und erfordert Mut und Innovation. Viele Maßnahmen der Verlage verbauen die Zukunft, anstatt sie aufzubauen.“

Die Nachrichtenfaktoren bleiben die gleichen, den leitenden roten Faden muss man heute und morgen finden – wie gestern, auch wenn man das modern „den Spin“ nennt. Auch die Recherchemethoden bleiben grundsätzlich vergleichbar. Sportberichterstattung wirklich zu verändern ist ein langfristiger Prozess. Aber es geht im Prinzip immer darum, die Geschichte hinter den Ergebnissen zu erzählen, mit Bildern, die wirklich Neugier wecken, Headlines, die nicht überlesen werden können – und vor allem: die authentisch sind. Das ist ebenso einleuchtend wie anspruchsvoll. Vor allem aber ist es ohne Alternative.

Fantasie für neue Formen

Wegen des großen Interesses bleibt die Fußball-Bundesliga wohl dominant. Hier kämpfen Danilo Soares (l.) vom VfL Bochum und Simon Terodde von Schalke 04 am 6. Spieltag in der Veltins-Arena in Gelsenkirchen um den Ball. | Foto: picture alliance/dpa | Revierfoto
Wegen des großen Interesses bleibt die Fußball-Bundesliga wohl dominant. Hier kämpfen Danilo Soares (l.) vom VfL Bochum und Simon Terodde von Schalke 04 am 6. Spieltag in der Veltins-Arena in Gelsenkirchen um den Ball. | Foto: picture alliance/dpa | Revierfoto

Medienwandel ist Realität wie der Klimawandel. Journalistische Berufsprofile, Selbst- wie Fremdbilder der Akteurinnen und Akteure verändern sich. Producer steuern Inhalte nicht nur einzelner Ressorts, sondern das Gesamtprodukt. Reporterinnen und Reporter liefern in allen Ressorts die Inhalte, angepasst an die unterschiedlichen Nachrichtenkanäle. Journalismus im digitalen Zeitalter muss permanent auf der Suche sein nach neuen Darstellungsformen und neuen Wegen der Interaktion mit Leserinnen und Lesern. Die digitale Transformation fordert die ständige Neuerfindung und Aufwertung von Inhalten – auch im Sportressort.

Das Ende der Entwicklung ist offen, der Konkurrenzdruck nimmt zu. Bei weiter zurückgehenden personellen und finanziellen Ressourcen wird man Fantasie brauchen. Und ein klares Bild von den Rezipienten. Die Tageszeitung hat andere Leserinnen und Leser als die Onlineseiten. Im Idealfall konsumieren sie beides, wenn sie auf beiden Kanälen optimal bedient werden, zunächst mit aktueller Information und mit analysierender Hintergrundberichterstattung – aber auch mit anderen, neuen Formen der digitalen Informationsgestaltung. Kundinnen und Kunden dürfen das verlangen – und sie werden es verlangen.

Erfolgreich werden künftig die Medienschaffenden sein, die alles möglichst optimal realisieren, Inhalte speziell zuschneiden können und ein Mehr an Berichterstattung nur noch dort zulassen, wo die Resonanz hoch eingeschätzt wird. Vermutlich wird sich an der Dominanz des Fußballs auf Sicht wenig ändern. Auch wenn das bei den engagierten Kritikerinnen und Kritikern zu dem Urteil geführt hat, dass es in Deutschland zwar eine Sportberichterstattung gibt – aber keinen Sportjournalismus.||

Konkurrenz der Kanäle
Dass Organisationen und Unternehmen über die eigentliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit hinaus auch eine hochprofessionelle Medienarbeit betreiben, um ihr Image zu formen, gilt in vielen gesellschaftlichen Bereichen. Im Sport sind es besonders die Vereine der ersten Fußball-Bundesliga, die Informationen lieber direkt an ihre Fans geben als an die Redaktionen. Welchen Einfluss hat das auf die Arbeit der betroffenen Sportjournalistinnen und -journalisten? Das hat sich Boris Spernol angeschaut.  Der Beitrag ergänzt die Titelstrecke zum Sportjournalismus in JOURNAL 3/22.
www.journal-nrw.de/konkurrenz-der-kanaele

Ein Beitrag aus JOURNAL 3/22, dem Medien- und Mitgliedermagazin des DJV-NRW, erschienen im September 2022.